Adam
Abla ist Mutter und Witwe. Samia, viele Jahre jünger, erwartet unehelich ein Kind: Zwei unterschiedliche, aber gleichermaßen starke Frauen treffen im heutigen Casablanca aufeinander. Die marokkanische Regisseurin Maryam Touzani erzählt in ihrem Debütfilm Adam in stillen Bildern von der Annäherung dieser Frauen, die sich schließlich gegenseitig unterstützen und damit ein Zeichen der Solidarität setzen.
Drama
ab 10. Klasse
ab 15 Jahre
Ethik, Religion, Sozialkunde, Politik, Deutsch, Psychologie
Frauen, Mutterschaft, Schwangerschaft, Freundschaft, Trauer, Verlust, Abschied
09.12.2021
Inhalt
Samia arbeitet in einer anderen Stadt. Das glauben zumindest ihre Eltern, die Leute in ihrem Dorf. Die Wahrheit ist: Die junge Frau ist fortgegangen, weil sie unehelich ein Kind erwartet. Nach der Geburt will sie es zur Adoption freigeben und ein neues Leben beginnen. Eine ferne Zukunft ist das, jetzt, wo sie sich hochschwanger durch die Medina von Casablanca schleppt. Samia sucht Arbeit, einen Platz zum Schlafen, doch die Türen schließen sich schnell, wenn die Menschen ihren gewölbten Bauch sehen. Auch Abla weist sie ab. Seit dem Tod ihres Mannes zieht sie ihre Tochter Warda allein groß und verdient mit dem Verkauf von Backwaren den Unterhalt. Eine Fremde im Haus – das ist nur eine Last mehr und sorgt für Gerede. Als sie Samia aber nachts allein auf der Straße entdeckt, lädt Abla sie zu sich ein. Aus einer Nacht werden Tage, Wochen und aus einer flüchtigen Begegnung Verständnis und Zuneigung.
Umsetzung
Abla steckt fest in ihrer Trauer, in ihren Routinen und Pflichterfüllung. Sie lebt und arbeitet in ihrer Wohnung, die weitläufig, aber stets abgedunkelt ist: Schutzraum und Gefängnis zugleich. Der Kontakt nach außen findet über das Ladenfenster statt; eine Nachbarin oder der Mehllieferant, der in sie verliebt ist, stören nur. Auch Samias Angebote, beim Backen zu helfen, lehnt sie brüsk ab, aber es ist die zärtliche Beharrlichkeit der jungen Frau, die die kleine Warda sofort ins Herz schließt, die Ablas Panzer langsam aufbricht. Zwei starke Frauen und ihre Gefühlswelten prallen hier – kaum hörbar – aufeinander, denn Regisseurin Maryam Touzani inszeniert ihre Annäherung in vielen Nahaufnahmen als ein Spiel der Blicke und Gesten und verleiht dem Film damit eine intensive Sinnlichkeit. Je mehr sich Abla öffnet, desto mehr Licht dringt in die Wohnung. Ihre Kleidung, ihr Wesen verändern sich. Doch zugleich rückt die Geburt von Samias Kind näher, die sie vor eine schwere Entscheidung stellen wird.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Die Geschichte ist im heutigen Casablanca angesiedelt, aber sie stellt universelle Fragen. Was bedeutet es, Mutter zu sein? Wie verändert es das eigene Leben? So kann etwa überlegt werden, warum Samia ihren Sohn fortgeben will, wobei der Film in Bezug auf ihre Vorgeschichte Leerstellen lässt und man von ihm schließlich auch in ein offenes Ende entlassen wird. Zudem bietet Samias Figur einen Ausgangs-punkt, um sich allgemein mit der Situation alleinerziehender Mütter oder ungewollt schwangerer Mädchen und Frauen zu beschäftigen. Auch in Deutschland sind vor allem alleinerziehende Mütter besonders häufig von Armut betroffen. Kontroverse Diskussionen zum Thema Schwangerschaftsab-bruch, aktuell etwa in den USA oder in Polen, zeigen, dass Frauen weltweit in ihrem Selbstbestimmungs-recht beschnitten werden. Um den Blick für filmische Umsetzung zu schärfen, lassen sich der Einsatz von Licht und Farbe, die Kameraarbeit sowie das Setting im Zusammenhang mit der Entwicklung der Frauen analysieren. Dabei kann die Szene, in der Samia Abla zeigt, wie man einen Teig „richtig“ knetet, auch inhaltlich analysiert werden. Nicht zuletzt: Warum heißt der der Film eigentlich „Adam“?
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Downloads
FilmTipp_Adam.pdfMaryam Touzani
Maryam Touzani
Lubna Azabal, Nisrin Erradi, Douae Belkhaouda, Aziz Hattab, Hasnaa Tamtaoui u. a.
98 Min
deutsche Fassung, arabische Originalfassung mit deutschen Untertiteln
digital, Farbe
ab 6 Jare
Grandfilm
Internationale Filmfestspiele von Cannes 2019 (Premiere); Cairo International Film Festival 2019: Arab Stars of Tomorrow Award; Chicago International Film Festival 2019: Roger Ebert Award; Palm Springs International Film Festival 2020: Local Jury Award