Filmplakat Brother's Keeper

Brother's Keeper

Türkei, Rumänien 2021

In einem eingeschneiten Internat für kurdische Jungen sorgt sich ein 12-Jähriger um seinen erkrankten Mitschüler, stößt aber bei den türkischen Lehrern lange auf taube Ohren. In seinem autobiographisch geprägten, düsteren Sozialdrama inszeniert der kurdischstämmige türkische Regisseur Ferit Karahan das Internat als inhumane Anstalt, in der ständige Repression ein Klima der Angst und Einsamkeit erzeugt, dem die Schüler sich kaum entziehen können.

Genre

Drama

Klassenstufe

ab 8. Klasse

Altersempfehlung

ab 13 Jahre

Unterrichtsfächer

Deutsch, Sozialkunde, Geschichte, Politik, Ethik, Türkisch

Themen

Kinder, Schule, Erziehung, Schuld, Menschenrechte/-würde, Freundschaft, Verantwortung, Türkei, Kurd*innen, Minderheiten, Repression, Gewalt, Freiheit, Autorität(en), Macht/Machtgefüge, Vorurteile, Zivilcourage

Kinostart

27.07.2023

Inhalt


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In einem Internat für kurdische Jungen im verschneiten osttürkischen Bergland führen die türkischen Lehrer ein strenges Regiment. Als bei der wöchentlichen Kollektivdusche drei Jungs herumalbern, zwingt der Aufseher Hamza sie, sich mit kaltem Wasser zu waschen. Einer davon ist der schmächtige, elfjährige Memo. Nachts fragt er seinen Zimmerkameraden Yusuf, ob er bei ihm im Bett schlafen darf. Doch Yusuf sagt Nein, weil er peinliches Gerede fürchtet. Am Morgen liegt Memo apathisch im Bett. Yusuf schleppt ihn ins karg ausgestattete Krankenrevier. Auch dort ist es kalt, denn im Internat ist bei klirrender Kälte die Heizung ausgefallen. Und der Sanitäter hat nur eine Aspirintablette für den Kranken, der nicht mehr ansprechbar ist. Während Yusuf versucht, die Lehrer auf den Zustand Memos aufmerksam zu machen, winken die erst desinteressiert ab. Es dauert lange, bis sie und der Direktor den Ernst der Lage erkennen. Als sie Memo zum Arzt bringen wollen, bleibt das Auto im tiefen Schnee stecken.

Umsetzung


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Das geradlinig erzählte Drama ist autobiographisch geprägt: Regisseur Ferit Karahan hat selbst sechs Jahre in einem solchen Internat verbracht. Die nüchterne, aber dennoch intensive Inszenierung ist geprägt durch die kühle Farbgebung, eine konsequente Handkamera und einen gemächlichen Montagerhythmus. Der Verzicht auf Filmmusik unterstreicht die Unwirtlichkeit des weitläufigen Internatsgebäudes. Der Film wurde im veralteten Normalbild- oder Fernsehformat (1:1,33) gedreht, dessen enge Kadrierung als visuelles Äquivalent für die Beklemmungen der Schüler interpretiert werden kann. Der Großteil der Handlung spielt in Innenräumen, die oft so kalt sind, dass man den Atem sieht. Zwischendurch gewähren ruhige Einstellungstotalen Ausblicke auf imposante verschneite Bergspitzen. Die Regie versucht mit einem Dialog-Running Gag der Lehrenden ("Er hat kein Fieber!") die Tristesse des demotivierenden Schulalltags aufzulockern – mit mäßigem Erfolg.

Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit


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In dem Internat werden die kurdischen Jungen auf Türkisch unterrichtet und sind einer systematischen Indoktrination ausgesetzt. So korrigiert eine Lehrerin in rüdem Ton einen Schüler, der von einer "kurdischen Region" spricht, mit dem Hinweis: "Das ist die ostanatolische Region." Wie spiegelt sich die Repressionspolitik der Türkei gegenüber der kurdischen Minderheit im dargestellten System Schule? Der Film lässt das Internat wie ein Zuchthaus wirken: Appell auf dem Hof, Leibesvisitationen, Lehrer mit Rohrstock, Ohrfeigen aus nichtigem Anlass, öffentliche Demütigungen. Die Schüler*innen können untersuchen, wie das Klima der Angst und Unterdrückung auch durch die filmische Gestaltung (Farbgebung, Kamera, Musik, Bildformat) ausgedrückt wird. Das Schlussbild zeigt Yusuf mit teilweise geschorenem Kopf. Er ist offenbar der Einzige, der im Fall Memo bestraft wurde. Dagegen weisen die Erwachsenen die Verantwortung für die Erkrankung Memos von sich und geben sich gegenseitig die Schuld. Das wirft die Frage nach Gerechtigkeit auf. Warum werden die Lehrer und Aufsichtspersonen nicht belangt? Was sagt das über das Erziehungssystem aus?

Veranstaltungen


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Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.

Autor*in: Reinhard Kleber, 03.07.2023, letzte Aktualisierung: 05.07.2023

Regie

Ferit Karahan

Buch

Ferit Karahan, Gülistan Acet

Darsteller*innen

Samet Yıldız, Nurullah Alaca, Ekin Koç, Mahir İpek, Cansu Fırıncı, Melih Selçuk u. a.

Länge

85 Min

Sprachfassung

türkische Originalfassung mit deutschen Untertiteln

Format

digital, Farbe

FSK

ab 12 Jahre

Verleih

déjà-vu Film

Festivals

Berlinale Panorama 2021: FIPRESCI Award; Valencia Cinema Jove 2021: Best Film Award, Audience Award

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