Chiara
Nach MEDITERRANEA und PIO beendet Jonas Carpignano seine hochgelobte Kalabrien-Trilogie mit dem spannungsvollen Coming of Age-Drama CHIARA. Darin brilliert die junge Darstellerin Swamy Rotolo als Teenagerin, die an der Schwelle zum Erwachsensein steht und der mafiösen Verstrickung ihres Vaters auf die Schliche kommt. Abermals gelingt dem von den USA nach Italien emigrierten Regisseur ein intensives Drama mit einem feinen Blick für die Charaktere und deren Lebensrealität.
A Chiara
Drama, Coming-of-Age
ab 10. Klasse
ab 15 Jahre
Sozialkunde, Deutsch, Italienisch, Ethik
Erwachsenwerden, Filmsprache, Familie, Kriminalität, Mafia
23.06.2022
Inhalt
Gioia Tauro, eine Hafenstadt im süditalienischen Kalabrien: Auf der großen Familienfeier zum 18. Geburtstag ihrer älteren Schwester sucht die 15-jährige Chiara, die sich ihrem Vater Claudio sehr verbunden fühlt, seine Nähe. Umso betroffener ist die Teenagerin, als der Vater nachts überhastet aufbricht und untertaucht. Weil Chiaras Mutter, ihre Schwester und der Cousin zu den Gründen der Flucht schweigen, forscht die hartnäckige Schülerin auf eigene Faust nach. Bald findet sie heraus, dass Claudio Teil der 'Ndrangheta genannten kalabrischen Mafia ist. Die Aussage der Mutter „ihr kennt euren Vater“ hat plötzlich keine Gültigkeit mehr. Die Suche nach ihm wird für Chiara auch zu einer Suche nach ihrem eigenen Selbst.
Umsetzung
Im ersten Akt etabliert der Regisseur Jonas Carpignano Chiaras Lebenswelt und ihren Familienalltag auf dokumentarisch wirkende Weise. Die von Tim Curtin geführte Handkamera rückt ganz nah an die Figuren heran, schwenkt, folgt und blickt über Schultern. So entsteht ein starker Eindruck des Dabeiseins, genau wie bei Chiaras folgender Recherche, bei der die Kamera der Szenerie viel Intensität verleiht. Konsequent nimmt Carpignano die Perspektive der Titelfigur ein, die Swamy Rotolo mit viel Konzentration und hoher Leinwandpräsenz spielt. Zur Atmosphäre des spannenden Coming-of-Age-Films tragen die oft verregnete Dunkelheit sowie der punktuelle Musikeinsatz und das raffinierte Tondesign bei. Einige wortlose Passagen erzählen rein visuell und bisweilen wird der Ton stummgeschaltet, um Chiaras Anspannung oder Konfusion darzustellen.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Zunächst bietet das stimmig inszenierte Drama eine filmanalytische Untersuchung an. Ein markantes Szenenbeispiel ist der Wendepunkt (Plot Point) am Ende des ersten Akts, wenn Chiaras Vater in einer Zeitlupenaufnahme in seinen Wagen steigt. Die Stilisierung bricht mit dem vorherigen dokumentarischen Gestus und unterstreicht, dass die Szene einen entscheidenden Moment zeigt. Besprochen werden sollte auch die immersive Tongestaltung: Wenn etwa ein Streit von Chiaras Eltern ohne Ton abläuft, lenkt das die Aufmerksamkeit geschickt auf Chiaras Wahrnehmung. Das visuelle Äquivalent dazu sind häufige Beobachterperspektiven. Eine Figurenanalyse kann die aufgewirbelte Beziehung der Protagonistin zu ihrem Vater betrachten und sollte zudem klären, wie der Film mit lebendigen Nebenfiguren auch zur Milieuskizze avanciert. Thematisch kann der Loslösungsprozess vom Elternhaus aufgegriffen werden, der sich mit der Aufklärung von Familiengeheimnissen verbinden kann.
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Downloads
FilmTipp_Chiara.pdfWeiterführende Links
Webseite des Verleihs zum FilmJonas Carpignano
Jonas Carpignano
Swamy Rotolo, Claudio Rotolo, Grecia Rotolo, Antonio Rotolo Uno, Carmela Fumo, Giorgia Rotolo, Vincenzo Rotolo u. a.
122 Min
italienische Originalfassung mit deutschen Untertiteln
digital, Farbe
ab 12 Jahre
MUBI
Auswahl: Cannes Film Festival 2021: Label Europa Cinemas; Zürich Film Festival 2021: Bester internationaler Spielfilm; São Paulo International Film Festival 2021; New York International Film Festival 2021