Das Glaszimmer
Bayern 1945: Kurz vor Kriegsende müssen der elfjährige Felix und seine Mutter Anna aus dem bombardierten München aufs Land fliehen. Beide sehnen sich nach einem baldigen Ende des Krieges und der Rückkehr von Felix' Vater Bernd, der an der Westfront kämpft. Doch in der Dorfgemeinschaft wird der Endsieg propagiert. In einem ernsthaften, aber durchaus auch unterhaltsamen Antikriegsdrama zeigt Regisseur Christian Lerch den Einfluss der nationalsozialistischen Ideologie auf Kinder und Erwachsenen der Zeit.
Drama, (Anti-)Kriegsfilm, Coming-of-Age
ab 7. Klasse
ab 12 Jahre
Geschichte, Deutsch, Ethik, Religion, Musik, Kunst, fächerübergreifend: Friedenserziehung
Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg, Flucht, Propaganda, Ideologie, Werte, Familie, Erwachsenwerden
28.04.2022
Inhalt
Kurz vor Kriegsende 1945 fliehen der elfjährige Felix und seine Mutter Anna aus München in das Heimatdorf der Mutter in der bayrischen Provinz. Beide sehnen sich nach einem baldigen Ende des Krieges und hoffen auf die Rückkehr von Felix' Vater Bernd, der an der Westfront kämpft. Unterstützung in ihrer prekären Lage erhalten die beiden ausgerechnet von Dorfvorsteher Feik, einem überzeugten Nazi, der den Endsieg propagiert. Dessen Sohn Karri ist etwas älter als Felix und wie sein Vater der Ideologie der Nationalsozialisten verfallen. Auch wenn er Felix zunächst das Leben schwer macht, eifert der Jüngere dem Älteren nach und imitiert bald dessen kalte, militante Art sowie den Hass auf Andersdenkende, Geflüchtete und Deserteure. Dann erreicht das Dorf die Nachricht, Bernd sei an der Front gefallen. Als der Vater, offensichtlich ein Deserteur, etwas später im Dorf auf- bzw. untertaucht, muss sich der moralisch zerrissene Felix zwischen der Loyalität zu den Nationalsozialisten und der zu seiner Familie entscheiden.
Umsetzung
Das ernsthafte, zugleich aber unterhaltsame und kindgerechte Antikriegsdrama zeigt eindrücklich den Einfluss der nationalsozialistischen Ideologie auf Kinder und Erwachsene der Zeit. Dank der Zusammenarbeit mit dem Zeitzeugen Josef Einwanger beim Drehbuch wirken die Figuren nahbar und glaubwürdig – allen voran Protagonist Felix, der von seiner Familie und den Dorfbewohner*innen mit widersprüchlichen Moral- und Wertevorstellungen konfrontiert wird und nach seiner eigenen Rolle und Identität sucht. Die Ästhetik des Films versetzt die Zuschauenden durch entsättigte Farben, ein authentisches Kostüm und Szenenbild in die 1940er Jahre, während vereinzelte zeitgemäße Elemente in der Musik und der gesprochenen Sprache die bis heute anhaltende Relevanz der Themen unterstreichen.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Wie sich der durch nationalsozialistische Indoktrination dauerhaft veränderte Wertekompass vieler Menschen auf das Zusammenleben auswirkte, zeigt der Film auf einer sehr persönlichen Ebene. Gleichzeitig aber, wie das Vertrauen in die „Heilsfigur“ Hitler kurz vor dem Kriegsende immer mehr bröckelte. Auch losgelöst vom Thema NS-Regime können Schüler*innen darüber reflektieren, wie es wäre, im Krieg aufzuwachsen und fliehen zu müssen. Die differenziert gezeichneten Hauptfiguren laden dazu ein, sich in sie hineinzuversetzen. Darüber hinaus bietet sich eine Diskussion über die Wahl des Filmtitels an: Welche Bedeutung hat das Glaszimmer, ein Zufluchtsort für Felix im Dachboden eines Stalls, das für den Verlauf der Geschichte keine große Rolle spielt? Es macht mit seinen funkelnden, in der Luft hängenden Scherben einen magischen Eindruck und versinnbildlicht gleichzeitig die innere Zerrissenheit des jungen Protagonisten, aber auch die Trümmer des Krieges und Hoffnung auf einen Wiederaufbau.
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Christian Lerch
Josef Einwanger, Christian Lerch
Xari Wimbauer, Lisa Wagner, Hans Löw, Luis Vorbach, Philipp Hochmair, Hannah Yoshimi Hagg, David Benkovitch u. a.
93 Min
deutsche Originalfassung, barrierefreie Fassungen verfügbar
digital, Farbe
ab 12 Jahre
Prädikat "wertvoll"
farbfilm verleih
Schlingel – Internationales Festival für Kinder und junges Publikum 2020; CineKid Amsterdam 2020