Inhalt
Ab 1941 wurden in Osteuropa während des Zweiten Weltkriegs rund zwei Millionen jüdische Zivilisten von deutschen Einsatzgruppen und Polizeibataillonen bei öffentlichen Erschießungen getötet. Wie konnten aus den Männern, die diesen Erschießungskommandos von Sicherheitspolizei und Sicherheitsdienst angehörten, Massenmörder werden? Der österreichische Regisseur Stefan Ruzowitzky geht dieser Frage nach, indem er anhand von Tagebuchaufzeichnungen, Briefen und Gerichtsprotokollen nachzuvollziehen versucht, was die Männer damals bewegte. Darüber hinaus präsentiert er berühmte sozialpsychologische Experimente und führt Interviews mit namhaften Wissenschaftlern zu ihren Forschungen zur Täterpsychologie. Die vernichtende Wirkung von Propaganda, Gruppenzwang und der erschreckendem Effizienz des NS-Regimes wird in all diesen Aspekten deutlich, ohne dass eine eindeutige Antwort auf die Eingangsfrage möglich wäre.
Umsetzung
Die Tatsache, dass ein Großteil der Zeitzeugen inzwischen verstorben ist, nimmt Ruzowitzky zum Anlass eine zeitgenössische Herangehensweise zu entwickeln. So arbeitet er stark mit Spielfilmelementen, um die Erkenntnis, die in den historischen Textquellen steckt, zu vermitteln: Dass es sich bei den Tätern um ganz normale Menschen handelte, die ohne schwerwiegende Folgen Nein hätten sagen können. Die Texte werden aus dem Off vorgetragen, während Statisten Szenen aus dem Soldatenalltag nachstellen, häufig in Großaufnahmen und verfremdet durch Split-Screen-Verfahren. Die vorgestellten sozialpsychologischen Experimente werden ebenfalls in inszenierten Szenen gezeigt. Sie dienen als Denkanstöße zwischen den Kapiteln des Films. Ergänzt durch klassische Mittel des Dokumentarfilms - Experteninterviews, Archivmaterialien und Zeitzeugenbefragung in der ukrainischen Kleinstadt Bibrka - entsteht ein aufschlussreiches Geflecht aus historischen Fakten, zeitlosen Fragen und aktuellen Analysen.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Das radikal Böse vermittelt nicht nur Wissen über die Einsatzgruppen des NS-Regimes, sondern generell über die Faktoren, die dazu führen können, dass ein Mensch Kriegsverbrechen begeht. Dabei lässt er bewusst Fragen unbeantwortet und entschuldigt die Täter nicht durch eine abgeschlossene psychologische Deutung ihres Verhaltens. Viele verschiedene Aspekte, Fragen und Deutungen werden gut verständlich und interessant präsentiert. Sie regen zum Nachdenken und zu Diskussionen an, sowohl über die Verbrechen der Nationalsozialisten als auch über aktuelle Verbrechen gegen die Menschlichkeit und dem gesellschaftlichen wie strafrechtlichem Umgang damit. Nicht zuletzt stellt Das radikal Böse als Non Fiction Drama ein hervorragendes Beispiel für das Potential von Film als Vermittler von Wissen dar, indem er durch eine offene, experimentelle Präsentationsform eigenständiges Denken fördert.
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit
einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind
wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Autor*in: Marguerite Seidel
,
28.11.2013
,
letzte Aktualisierung:
24.04.2020
Regie
Stefan Ruzowitzky
Buch
Stefan Ruzowitzky
Darsteller*innen
Mitwirkende: Christopher Browning, Roy Baumeister, Benjamin Ferencz, Robert Jay, Lifton, Patrick Desbois, Dave Grossmann; mit den Stimmen von Volker Bruch, Alexander Fehling, Benno Fürmann, Andreas Schmidt, Simon Schwarz, Devid Striesow, Nicolette Krebitz u.a.
Länge
96 Min
Sprachfassung
deutsche Fassung
Format
digital, Farbe
FSK
ab 12 Jahre
FBW
Prädikat „besonders wertvoll“
Verleih
W-Film
Festivals
47. Internationale Hofer Filmtage 2013