Filmplakat Der die Zeichen liest

Der die Zeichen liest

Russland 2016

Mit Mitteln grotesk-satirischer Überzeichnung erzählt das Außenseiter-Drama von einem Kaliningrader Schüler, der sich wegen leicht bekleideter Mitschülerinnen beim Schwimmunterricht in seinen religiösen Gefühlen verletzt sieht und sich weigert teilzunehmen. Immerzu Bibelstellen zitierend begibt sich der selbsternannte Prophet des Jüngsten Gerichts auf einen Kreuzzug gegen seine angeblich gottvergessene Umgebung, in der ihm einzig die aufgeklärte Biologielehrerin Paroli zu bieten vermag.

Originaltitel

Uchenik

Genre

Drama

Klassenstufe

ab 10. Klasse

Altersempfehlung

ab 15 Jahre

Unterrichtsfächer

Ethik, Religion, Sozial-/Gemeinschaftskunde, Deutsch, Russisch

Themen

Individuum (und Gesellschaft), Außenseiter, Erziehung, Russland, Religion, Sinnsuche, Rebellion, Fundamentalismus, Familie, Schule, Erwachsenwerden, Homosexualität

Kinostart

19.01.2017

Inhalt


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Benjamin lebt bei seiner alleinerziehenden Mutter in Kaliningrad und ist Schüler an einer auf den ersten Blick liberalen Schule. Weil der Anblick der Mitschülerinnen in Bikinis seine religiösen Gefühle verletze, weigert sich der zum Christentum Konvertierte eines Tages am Schwimmunterricht teilzunehmen. Mit einem Stakkato wörtlich genommener alttestamentarische Bibelzitate beginnt der selbsternannte Prophet des Jüngsten Gerichts einen rebellischen Kreuzzug gegen das angeblich gottlose Laissez-Faire und die Fortschrittsgläubigkeit seiner Umgebung. Im zusehends klein beigebenden Kollegium stellt sich ihm allein die aufgeklärte atheistische Biologielehrerin in den Weg. Sie versucht ihn mit seinen eigenen Waffen zu schlagen, wenn er sich provokativ gegen sexualkundlichen Unterricht mit Möhren und Kondomen auflehnt, als Affe verkleidet die Evolutionslehre verspottet, Homosexualität geißelt oder ein riesiges Holzkreuz in der Schule anbringt. Am Ende muss Grigory, ein ständig gemobbter gehbehinderter Mitschüler, den Benjamin zum Dank für seine Anhänglichkeit zum Jünger macht, für seine Zuneigung mit dem Leben bezahlen.

Umsetzung


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Der auf der Basis eines Theaterstücks entwickelte Film kehrt die aus Außenseiterdramen bekannte Figur des meist anders motivierten Auflehnens Jugendlicher gegen die Erwachsenenwelt um. Die Erzählung lässt einen Teenager mit wörtlich genommenen, durch Inserts nachgewiesene Bibelzitate in teils satirisch-grotesk übersteigerter Weise gegen seine Umgebung rebellieren. Dramaturgisch erscheint das schwarzhumorige Lehrstück wie eine Versuchsanordnung für Reaktionen auf derartig widerständiges Verhalten. Die oft in langen Sequenzen erzählte, pointiert von Streicher-und Klaviermusik ebenso wie Heavy Metal-ähnlichem Score unterlegte Parabel zeigt die zusehends hilfloser reagierenden Figuren des familiären und schulischen Umfelds. Spätestens wenn der Kreuzzug des Protagonisten immer fundamentalistischere, auch gewalttätige Züge annimmt und sich selbst ad absurdum führt, offenbart sich das Überdrehte des erzählerischen Konstrukts.

Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit


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Das Sujet der unkonventionellen Auflehnung eines Schülers mitsamt den zwiespältigen Reaktionen der Umgebung bietet sich für eine vertiefende pädagogische Erarbeitung geradezu an. Dabei entziehen sich einige der im Film angedeuteten, erst vor dem spezifisch postkommunistischen Hintergrund des russischen Gesellschafts- und Bildungssystems mit Hilfe zusätzlicher Informationen angemessen zu erschließenden Themen der umstandslosen Übertragung auf andere Religionen, hiesige Schul- und Erziehungsverhältnisse etc. Die Auseinandersetzung mit der grotesk übersteigerten Darstellungsweise des religiösen, sich selbst dekuvrierenden Fundamentalismus erfordert einiges Fingerspitzengefühl. Bei der inhaltlichen Analyse sollte man die innerfilmisch mehr oder weniger angedeuteten, nicht hinreichend entwickelten möglichen Beweggründe für das Denken und Handeln der rebellischen Hauptfigur ebenso eingehend diskutieren wie die reaktiven Verhaltensweisen der Mutter, der Mitschüler/innen und insbesondere der „Wortführer“ im Lehrerkollegium.

Veranstaltungen


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Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.

Autor*in: Reinhard Middel, 30.12.2016, letzte Aktualisierung: 24.04.2020

Regie

Kirill Serebrennikov

Buch

Kirill Serebrennikov nach dem Theaterstück „Märtyrer“ von Marius von Mayenburg

Darsteller*innen

Petr Skvortsov, Victoria Isakova, Svetlana Bragarnik, Anton Vasiliev, Julia Aug, Aleksandra Revenko, Aleksandr Gorchilin, Nikolai Roschin u. a.

Länge

118 Min

Sprachfassung

deutsche Fassung, russische Originalfassung mit deutschen Untertiteln

Format

digital, Farbe

FSK

ab 12 Jahre

Verleih

Neue Visionen Filmverleih

Festivals

69. Filmfestspiele Cannes 2016, Un Certain Regard; Europäischer Filmpreis 2016 für Beste Filmmusik

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