Die Ermittlung, Leonine Studios

Die Ermittlung

Deutschland 2024

Ein die Zuschauer*innen herausfordernder, in seinen reduzierten filmischen Ausdrucksformen jedoch adäquater und erinnerungskulturell bedeutsamer Versuch, über 60 Jahre nach Beginn des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses und dem darauf fußenden Theaterstück von Peter Weiss die darin überlieferte Zeugenschaft auf die Kinoleinwand zu bringen. Bei entsprechender Veranstaltungsrahmung und Einbettung vermittelt RP Kahls Film über eine diskussionswerte Aussageform neue Zugangsmöglichkeiten zur deutschen Geschichte.

Genre

Drama, Gerichtsfilm, Literaturadaption, Theateradaption

Klassenstufe

ab 9. Klasse

Altersempfehlung

ab 14 Jahre

Unterrichtsfächer

Geschichte, Politik, Deutsch, Darstellendes Spiel, Ethik, Religion

Themen

(deutsche) Geschichte, Nationalsozialismus, Holocaust, Konzentrationslager, Erinnern/Erinnerungskultur, Opfer, Täter, Schuld (und Sühne), Verantwortung

Kinostart

25.07.2024

Inhalt


mehr Info

Der erste Frankfurter Auschwitz-Prozess 1963-1965 – ein schlichter, fensterloser Gerichtssaal als Bühne: Unter der Leitung des Richters, im Zusammenwirken mit Staatsanwalt und Verteidigung treten 39 Zeug*innen auf. Vis-à-vis von 18 Angeklagten geben sie Erinnerungen an die Zeit des Lagers sachlich zu Protokoll, sodass anhand ihrer Schilderungen über die Taten der Lagerverantwortlichen hinaus Details des menschenverachtenden KZ-Systems, in dem sie handelten, anschaulich werden. Demgegenüber versuchen die des Mordes und der Beihilfe zum Mord Beschuldigten immer wieder, durch angebliche Unwissenheit, wenig glaubwürdige Ausflüchte und Rechtfertigungsstrategien, aber auch aus der Logik eines menschenverachtenden Weltbilds heraus, ihre persönliche Schuld und Verantwortung von sich zu weisen. Von der Selektion an der Lagerrampe bei Ankunft der Menschen bis zum Ende in den Feueröfen folgen die Einlassungen in elf Abschnitten („Gesängen“) konkreten Abläufen und der Topografie im Lager.

Umsetzung


mehr Info

RP Kahls Umsetzung ist dem nüchtern-dokumentarischen Geist des aus damaligen Prozessdokumenten kompilierten, nahezu vollständig aufgenommenen, wenn auch durch Schwerpunktsetzungen und Verteilung auf mehr Sprecher*innenrollen anders arrangierten Textes von Peter Weiss verpflichtet. Die sprachliche Ausdrucksform wird von den beteiligten Schauspieler*innen bei aller Reduktion im Einzelnen nuancenreich verkörpert. Damit werden nicht nur das immer wieder notwendige Wissen um die Taten deutlich, sondern gleichzeitig Bilder des Unvorstellbaren und visuell gar nicht Darstellbaren evoziert. Es handelt sich um eine ausgefeilte, wenn auch reduziert wirkende filmische Installation mit mehreren beweglichen Kameras und Einstellungsgrößen, die mit wenigen dramaturgischen Akzentuierungen arbeitet. Anders als konventionelle Gerichtsdramen sowie eine Vielzahl fiktionaler Annäherungen mit entsprechenden Emotionalisierungsstrategien kontrastieren Opfer- und Täterperspektiven hier umso wirklichkeitsnäher – und die Konzentration aufs Wesentliche verdichtet stets die Opfersicht.

Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit


mehr Info

Wichtiger denn je ist audiovisuell dokumentiertes oder anderes Bewahren der Erinnerungen an die NS-Verbrechen – etwa auch mit Hilfe lebender Zeitzeugen, die es schon bald nicht mehr geben wird. RP Kahls filmisches Arrangement, das mit Hilfe von Schauspieler*innen eine Aussageform anbietet, dürfte die Rezeptionsgewohnheiten herausfordern und Heranwachsenden über die Filmlänge hinaus tatsächlich einiges „zumuten“. Bei entsprechender Veranstaltungsrahmung und Einbettung vermag DIE ERMITTLUNG gleichwohl eine erinnerungskulturelle Lücke zu füllen. Anknüpfungsmöglichkeiten bieten sich über diverse thematische, entlang der Kapitelgliederung nach „Gesängen“ gut auffindbare, Zugänge. Filmanalytisch lassen sich z. B. die hervorgehobene, ganz eigene Rolle der Sprache oder die Strategien zur Gewährleistung der Opferperspektiven diskutieren. Auch die Gestaltung von Bühnenbild und Lichtsetzung im Studio sowie Kamerabewegungen und -perspektiven bieten Raum für einen intensiven Austausch über die Frage, wie von diesem Kapitel deutscher Geschichte erzählt werden kann.

Veranstaltungen


mehr Info

Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.

Autor*in: Reinhard Middel, 01.08.2024, letzte Aktualisierung: 02.08.2024

Regie

RP Kahl

Buch

RP Kahl, nach dem Theaterstück „Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen“ (1965) von Peter Weiss

Darsteller*innen

Rainer Bock, Clemens Schick, Bernhard Schütz, Nicolette Krebitz, Elisabeth Duda, Christiane Paul u. a.

Länge

241 Min/180 Min

Sprachfassung

deutsche Originalfassung, barriefreie Fassungen verfügbar

Format

digital, Farbe

FSK

ab 12 Jahre

FBW

Prädikat "besonders wertvoll"

Verleih

Leonine Studios

Festivals

Filmfest München 2024

Impressum
Sitemap
Datenschutz