Jonathan
Das poetisch stimmungsvoll wie realistisch inszenierte Familiendrama erzählt von einem 23-Jährigen, der auf dem elterlichen Bauernhof seinen schwer kranken Vater aufopferungsvoll pflegt. Erst mit dem unerwarteten Auftauchen des verschollen geglaubten Jugendfreundes wird der Sohn der homosexuellen Orientierung seines Vaters gewahr und vermag kurz vor dessen Tod das bedrückende Familiengeheimnis zu lösen, den lange als Unfalltod kaschierten Selbstmord seiner Mutter.
Drama
ab 10. Klasse
ab 15 Jahre
Ethik, Religion, Sozial-/Gemeinschaftskunde, Deutsch, Psychologie
Familie, Erwachsenwerden, Identität, Liebe, Sexualität, Homosexualität, Toleranz, Werte, Verantwortung, Krankheit, Tod/Sterben
06.10.2016
Inhalt
Der 23-jährige Jonathan, der mit seiner verhärmten Tante Martha den elterlichen Bauernhof bewirtschaftet, kümmert sich um seinen an Krebs erkrankten Vater Burghardt, der mit der zunehmenden Hinfälligkeit hadert. Dessen Weigerung, dem Sohn Genaueres über den angeblichen Unfalltod seiner Mutter zu erzählen, belastet ihr Verhältnis zusätzlich. Nachdem ihn die junge Anka bei der Pflege unterstützt und er sich flugs in sie verliebt, scheint Jonathan mit der schwierigen Situation besser fertig zu werden, bis eines Tages Burghardts verschollen geglaubter Jugendfreund und Marthas Ex-Partner Ron auftaucht. Durch seine Anwesenheit blüht Burghardt regelrecht auf, während Jonathans und Marthas Abneigung gegen den „Eindringling“ wachsen. Als Jonathan schließlich erfährt, dass die beiden Männer vor Zeiten die große Liebe zueinander fanden und seine Mutter sich das Leben genommen hatte, werden für den jungen Mann lange unterdrückte Familiengeheimnisse enthüllt, wodurch sich nach dem Tode des Vaters jetzt endlich unverstellte Wege für sein eigenes Leben eröffnen.
Umsetzung
Bereits 2013 mit dem Hessischen Filmpreis für das Beste Drehbuch ausgezeichnet, verschränkt das Langfilm-Debüt auf ungewöhnliche Weise eine poetisch stimmungsvoll wie realistisch inszenierte und (melo-)dramatisch komprimierte Coming-of-Age- mit einer Coming-Out- und Last-Rites-Erzählung. Dabei lässt die Inszenierung das etwas thesenhaft und konstruiert Wirkende schließlich hinter sich. Angesiedelt in entrückt-märchenhaftem, ruralem Ambiente, mit seinen familiären und sexuellen Konflikten ganz im Hier und Jetzt spielend und doch universell, arbeitet Lewandowskis Film mit ausgesuchten visuellen Kontrasten und symbolischen Bedeutungselementen. Die Mittel reichen von atmosphärisch „warmer“ Lichtsetzung, Slow-motion-Shots bei Naturaufnahmen über Close-Ups schwirrender Falter im Licht bis hin zur Visualisierung „kalter“ Krankenhausatmosphäre. Im Angesicht des nahenden Todes entfaltet in diesem Kontext auch die Darstellung lebensbejahender Sexualität der beiden Männer ihre erschütternde dramatische Wirkung.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Die nur dem Lebensalter nach erwachsene Titelfigur, die sich mit Blick auf den nahenden Tod seines Vaters auf den Weg macht, dunkle Familiengeheimnisse aufzuklären und sich seiner Identität zu vergewissern, dürfte älteren, insbesondere männlichen Schülern Projektionsflächen zur Identifikation bieten und damit Einstiegsmöglichkeiten in die filmsprachlich wie thematisch unkonventionelle Filmerzählung. Die kontrastdramaturgischen Mittel, die dramatischen Zuspitzungen mit Anleihen beim Melodram ebenso wie der Umgang mit Symbolik sollten exemplarisch erarbeitet werden. Vertieft werden sollte die dem Sujet Homosexualität sich zunächst subtil zeichenhaft, dann mehr und mehr deutlich nähernde Darstellung am Beispiel der Figuren von Burghardt und Ron. Eingebettet in entsprechende Fachunterrichtskontexte kann JONATHAN mit seinem finalen Plädoyer für Toleranz, Offenheit und Verzeihen einen, wenn auch herausfordernden Beitrag liefern, um Heranwachsenden zu vermitteln, dass ein jeder seine Sexualität nach persönlichen Wertvorstellungen und Orientierungen diskriminierungsfrei gestalten können soll.
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Downloads
FilmTipp_Jonathan.pdfPiotr J. Lewandowski
Piotr J. Lewandowski
Jannis Niewöhner, André M. Hennicke, Julia Koschitz, Thomas Sarbacher, Barbara Auer u. a.
99 Min
deutsche Originalfassung
digital, Farbe
ab 12 Jahre
Prädikat "besonders wertvoll"
Farbfilm Verleih
Internationale Filmfestspiele Berlin 2016, Sektion Panorama