Filmplakat Menschliche Dinge

Menschliche Dinge

Frankreich 2022

Der Sohn eines einflussreichen Fernsehjournalisten und einer feministischen Aktivistin wird wegen einer Vergewaltigung angezeigt, die aus seiner Sicht keine war. In einem von wahren Begebenheiten inspirierten Gerichtsdrama voller ambivalenter Figuren werden gegensätzliche Perspektiven gegenübergestellt und die Wahrheit der Wahrnehmung neu verhandelt. Die Literaturadaption nach Karine Tuil zeigt die Suche nach einem moralischen und juristischen Urteil.

Originaltitel

Les Choses Humaines

Genre

Drama, Literaturadaption

Klassenstufe

ab 10. Klasse

Altersempfehlung

ab 15 Jahre

Unterrichtsfächer

Deutsch, Ethik, Religion, Sozialkunde, Psychologie

Themen

Justiz, Recht/Gerechtigkeit, sexualisierte Gewalt, Gesetz, Schuld, Medien, Social Media, Macht, Sexismus, Glaube, Religion, Generationenkonflikt

Kinostart

03.11.2022

Inhalt


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Für Familie Farel gehört die Aufmerksamkeit der französischen Medien zum Alltag. Zwar leben der langjährige Fernsehjournalist Jean und die feministische Essayistin Claire mittlerweile getrennt, sie finden sich jedoch weiterhin in der Unterstützung ihres Sohnes Alexandre zusammen. Der 22-Jährige präsentiert sich äußerlich als wohlhabender, sanfter Musterstudent. Hinter der Fassade offenbart sich ein ausgeprägter Machismus, der sich in einem Hang zu sexuellen Machtspielen äußert. Dieser gerät in den Blick der Öffentlichkeit, als Mila, die 17-jährige Tochter des neuen Freundes von Claire, nach einem Partybesuch Alexandre wegen Vergewaltigung anzeigt. Er hingegen nahm den sexuellen Kontakt der beiden als einvernehmlich wahr und bestreitet den Vorwurf, der politische und persönliche (Glaubens-)Krisen mit sich bringt, sowohl für die medienpräsenten Farels als auch für die streng jüdisch erzogene Mila. In einer dramatischen Verhandlung soll ein angemessenes juristisches Urteil gesprochen werden.

Umsetzung


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Die kühle Adaption des Romans ist von Regisseur Yvan Attal prominent und familiär besetzt. Sein Sohn Ben Attal verkörpert den Macho-Studenten Alexandre sehr glaubhaft. Die ambivalente Figur der Mutter (auch im echten Leben: Charlotte Gainsbourg) ist in ihrem Konflikt zwischen feministischem Aktivismus und der Loyalität zu ihrem Sohn sehr überzeugend. Im Fokus stehen – gemeinsam mit ihrem familiären Umfeld ¬– zunächst Alexandre, dann Mila, die durch Suzanne Jouannets emotionales Spiel sehr nahbar wird. Die zweite Hälfte des Films spielt in teils beeindruckend langen Einstellungen im Gerichtssaal. Die Vergewaltigung selbst wird nie gezeigt, sondern aus den beiden unterschiedlichen Perspektiven verbal geschildert. So bleibt es den Zuschauer*innen selbst überlassen, eine Haltung zu den gut ausgearbeiteten Figuren einzunehmen. Dass das Ergründen der Wahrheit manchmal nur in der Anerkennung von Wahrnehmung liegen kann, macht der Film eindrücklich, indem er selbst in „objektiven“ Rückblenden im 16mm-Format den Ort der Tat, ein Müllhäuschen, wie eine „Black Box“ nur von außen zeigt.

Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit


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Inspiriert von einem Vergewaltigungsfall an der Stanford University 2015 und #MeToo als realem Hintergrund bietet der Film die Möglichkeit für eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema, das in den (sozialen) Medien auch polemisch und entzündlich debattiert wird. Wer sich auf den langen, dialoglastigen Film einlässt, hat die Gelegenheit, produktiv über Wahrnehmung und Wahrheit oder den Zusammenhang von sexueller Gewalt und sexistischen gesellschaftlichen Strukturen zu reflektieren. Es sollte erörtert werden, wie der Film formal gestaltet ist, damit verschiedene Perspektiven sichtbar werden. Resultiert aus der geteilten Erzählstruktur und der kühlen Farbgebung eine Neutralität? Hierbei kann deutlich werden, dass Filme durch Rahmung und Montage niemals völlig neutral sein können. Wie wirkt es etwa, dass zunächst der Fokus auf der Täterseite bzw. der Farel-Familie und nur zweitrangig bei der Klägerin liegt? Gelingt es dem Regisseur mit dem Stilmittel der Rückblenden zum Abend der Tat im körnigen 16mm-Format in der zweiten Hälfte des Films Objektivität zu erzeugen, wie er es laut einem Interview beabsichtigt hat?

Veranstaltungen


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Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.

Autor*in: Timo Klabunde, 01.11.2022, letzte Aktualisierung: 02.11.2022

Regie

Yvan Attal

Buch

Yaël Langmann, Yvan Attal (nach dem Roman „Les Choses Humaines“ von Karine Tuil)

Darsteller*innen

Charlotte Gainsbourg, Mathieu Kassovitz, Suzanne Jouannets, Ben Attal, Pierre Arditi u. a.

Länge

139 Min

Sprachfassung

deutsche Fassung, französischen Originalfassung mit deutschen Untertiteln

Format

digital, Farbe

FSK

ab 12 Jahre

Verleih

MFA+ FilmDistribution

Festivals

Filmfest Venedig 2021, Zurich Film Festival 2021 u. a

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