Oeconomia
"Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?", fragte schon der Gangster Macheath in Brechts "Dreigroschenoper". Banken sind auch die zentralen Akteure in "Oeconomia". Einem Krimi gleich begibt sich Regisseurin Carmen Losmann mitten ins glas-stählerne Herz unseres Wirtschaftssystems, bewaffnet mit einfachen und gleichzeitig hochkomplexen Fragen. Im Ergebnis entsteht ein zutiefst beunruhigendes Bild unserer Gesellschaft.
Dokumentarfilm
ab 10. Klasse
ab 15 Jahre
Wirtschaft, Geschichte, Ethik, Medienkunde, Philosophie, Sozialkunde, WAT
Arbeit, Geld, Gerechtigkeit, Feminismus, Finanzen, Kapitalismus, Kredit, Macht, New Economy, Schulden, Wirtschaft
15.10.2020
Inhalt
Die ruhige Stimme einer Frau stellt Fragen: Was treibt eigentlich unsere Wirtschaft? Wie wird Geld geschaffen? Und wie funktioniert der Kreislauf aus Kreditaufnahme und Schuldentilgung? Es ist Regisseurin Carmen Losmann selbst, die mittels ihrer Stimme durch den Film führt. Als eine Art Reiseleiterin führt sie die Zuschauer*innen durch das komplexe Geflecht von Wirtschaft, Banken und Finanzen, das unsere Welt im Innersten zusammenhält – und gleichzeitig droht, sie an den Abgrund zu führen. Denn das System funktioniert nur, so lange unentwegt Schulden aufgenommen werden. Seit Jahrzehnten wird auf diese Weise die Verschuldung öffentlicher und privater Haushalte vorangetrieben und die großen Vermögen in den Händen einer kleinen Minderheit konzentriert. Private Gläubiger drohen so letztlich die Haushaltspolitik der öffentlichen Hand zu bestimmen. Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich immer weiter, eine massive Ungleichheit, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet.
Umsetzung
Ökonomische Zusammenhänge in Filmbilder zu übersetzen ist eine große Herausforderung, da es sich zum großen Teil um abstrakte Vorgänge handelt. Losmann löst sie durch verschiedene Ansätze: Zum einen verwendet ihr Film prägnante Grafiken, um das Wechselspiel von Schulden, Krediten und Geldschöpfung darzustellen. Zum anderen benutzt sie klassische Interviewsequenzen mit Wirtschaftsakteuren. Auf einer dritten Ebene kommen nachgesprochene Recherche-Telefonate zum Einsatz, die unterlegt sind mit ruhigen Einstellungen der Arbeitswelt der Finanzakteure: Die gläsernen Hochhäuser, die nur scheinbar den Eindruck von Transparenz erwecken und von deren oberen Stockwerken, man auf "die Welt da unten" guckt. Eine architektonische Machtdemonstration aus Stahl und Glas. Seine stärksten Momente hat der Film, wenn er die Ratlosigkeit der Akteure offenlegt, die den einfachen Fragen der Regisseurin mitunter nichts entgegen zu setzen haben.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Zweifelsohne fordert "Oeconomia" eine überdurchschnittliche Konzentration vom Publikum. Gleichzeitig schafft es der Film für ein "trockenes" Thema wie Wirtschaft zu interessieren, indem er fundamentale Fragen aufwirft und verständlich erklärt. So können die Schüler*innen versuchen, einen Bezug zu ihrem eigenen Leben herzustellen: Welche Rolle spielt "die" Wirtschaft in ihrem Leben? Hat die Familie beispielsweise einen Kredit aufgenommen? Und würde es die Schüler*innen reizen, in der Finanzbranche zu arbeiten? Auch kann diskutiert werden, wie eine menschen- und umweltverträgliche Wirtschaft aussehen könnte. Hier lassen sich durchaus Bezüge zur Fridays for Future-Bewegung herstellen. Weiterhin fällt auf, dass über 90 Prozent der vorgestellten Wirtschaftsakteure Männer sind. Was sagt diese Geschlechterdichotomie über die tatsächlichen Machtverhältnisse in unserer Gesellschaft aus? Nicht zuletzt kann darauf geschaut werden, welche filmischen Mittel die Regisseurin verwendet, um etwas quasi "Unsichtbares" wie die Finanzwirtschaft zu visualisieren und für die Zuschauer fassbar zu machen. Ist ihr das in den Augen der Schüler*innen gelungen?
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Weiterführende Links
Webseite des FilmsDer Film bei filmportal
Begründung der fbw
Dossier zum Film auf kinofenster.de
Carmen Losmann
Carmen Losmann
Mitwirkende: Samirah Kenawi, Dag Schulze, Marc Sierszen, Elsa Egerer, Jean-Marc Decressonnière, Nicolas Peter, Michael Heise u. a.
89 Min
deutsche Originalfassung, barrierefreie Fassungen verfügbar
digital, Farbe
ohne Altersbeschränkung
Prädikat "besonders wertvoll"
Neue Visionen Filmverleih
(Auswahl 2020) Berlinale, Sektion Forum; Duisburger Filmwoche; Fünf Seen Festival
Weiterführende Links
Webseite des FilmsDer Film bei filmportal
Begründung der fbw
Dossier zum Film auf kinofenster.de