
Orlando - Meine politische Biografie
Der queere, experimentelle Dokumentarfilm von Paul B. Preciado wurde auf der Berlinale 2023 vielfach gefeiert. Der Film ist ein Brief an Virginia Woolf und eine Auseinandersetzung mit ihrem Roman "Orlando". Preciado lässt 25 queere Menschen im Alter von 8 bis 70 Jahren als Orlando sprechen und thematisiert auch seine eigene Transition. Der Film ist poetisch, philosophisch, intim, mehrfach biografisch und queeres Empowerment.
Orlando, ma biographie politique
Literaturadaption, experimenteller Dokumentarfilm
ab 10. Klasse
ab 15 Jahre
Deutsch, Sozialkunde, Geschichte, Französisch, Philosophie, Ethik, fächerübergreifend: Erziehung zur sexuellen Selbstbestimmung
Gender/Geschlechterrollen, LGTBQI+, Identität, Nicht-Binarität, Transgender, Transition, Coming Out, Selbstwertgefühl, Kolonialismus, Emanzipation, Mode
14.09.2023
Inhalt

„Die Welt heute ist voller Orlandos“. Das ist die zentrale Botschaft von ORLANDO – MEINE POLITISCHE BIOGRAFIE. Der Film bezieht sich auf den Roman „Orlando“ von Virginia Woolf aus dem Jahr 1928. Die Romanfigur Orlando wechselt als junger Adeliger zu Beginn des 16. Jahrhunderts durch mehrere Schlafphasen das Geschlecht und lebt über 300 Jahre als Frau in verschiedenen historischen Epochen. In seiner filmischen Auseinandersetzung mit diesem Roman adressiert der Philosoph und trans*Aktivist Paul B. Preciado einen Brief an die längst verstorbene Schriftstellerin Virginia Woolf, in dem er ihr mitteilt, dass ihre Figur wahr geworden ist, dass es heutzutage viele Orlandos gibt. Preciado lässt dann exemplarisch 25 trans* und nicht-binäre Menschen im Alter von 8 bis 70 Jahren jeweils als Orlando zu Wort kommen und auch seine eigene Transition wird in dem Film nachgezeichnet.
Umsetzung

Der Film ist experimentell gestaltet. So kann das Publikum dem Filmteam beim Aufbau der Szenen zuschauen, zum Beispiel, wenn der Tontechniker den ersten Orlando im Film in einem idyllischen Wald verkabelt, oder später ein Regenguss inmitten einer Werkstatt über einem weiteren Orlando-Darsteller* niedergeht und das Team mit Gießkannen auf einer Leiter gezeigt wird. Die Drehorte variieren: Wald, Werkstatt, Pariser Katakomben, Schiffsdeck, Wartezimmer eines Psychiaters, Operationstisch, Gerichtssaal. Alle Orte und Szenen sind sorgfältig ausgeleuchtet und immer mit einer klaren, oft grellen Farbgestaltung. Preciado ist vor allem über Voice-Over zu hören. Die Kamera ist nah an den Darsteller*innen. Deren Gefühle und Gedanken zu dem Roman von Woolf und vor allem zu den eigenen nicht-binären oder trans*identitären Lebensbiografien sind Kernbestandteil der Erzählung.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit

Preciado schrieb einen filmischen Brief an Virgina Woolf. Schüler*innen können nach der Vorführung einen Brief mit Anmerkungen und Fragen an Preciado verfassen. Ein sinnvoller Ansatz wäre, im Unterricht vorab für die Begrifflichkeiten und die Themen des Films zu sensibilisieren sowie Woolfs Biografie und Roman zu behandeln. Dabei bietet sich ein klassischer Vergleich von Roman und Film an. Beobachtungsaufgaben zur Inszenierung der Darsteller*innen und zur Kameraarbeit sind ebenfalls denkbar. Schüler*innen können ihre Lieblingsszene und Lieblingsaussagen teilen und diskutieren. Praxisbezogen ist das filmische Nachstellen einzelner Szenen denkbar, in denen die Schüler*innen mit wenigen Requisiten, zum Beispiel einer mittelalterlichen Halskrause, in die Rolle von fiktiven historischen oder zeitgenössischen Figuren schlüpfen und ihre Gedanken zum Film bekunden können. Der Film zeigt Archivmaterialien über Transfrauen der 1950-er Jahre. Über diese Pionier*innen der queeren Bewegung kann recherchiert werden.
Veranstaltungen

Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Paul B. Preciado
Paul B. Preciado
Mitwirkende Oscar-Roza Miller, Janis Sahraoui, Liz Christin, Elios Levy, Victor Marzouk, Paul B. Preciado, Kori Ceballos, Vanasay Khamphommala, Ruben Rizza, Julia Postollec, Amir Baylly u. v. a. m.
98 Min
französische Originalfassung mit deutschen Untertiteln
digital, Farbe
ab 12 Jahre
Salzgeber
Berlinale 2023: Teddy Award für den besten Dokumentarfilm, Leserpreis des Tagesspiegels, Specialpreis der Jury und lobende Erwähnung Berlinale Dokumentarfilmpreis; Queerfilmfestival Berlin 2023