Räuberhände
Ilker Çatak inszeniert die filmische Adaption von Finn-Ole Heinrichs Bestseller „Räuberhände“ (2007): die Geschichte der 18-jährigen Jungen Jannik und Samuel. Nach dem bestandenen Abitur machen sich beide auf den Weg nach Istanbul, wo Samuel seinen ihm unbekannten Vater suchen will. Außerdem hoffen beide, die Risse in ihrem Freundschaftsband kitten zu können. Doch der Verlauf der Reise entpuppt sich anders als gedacht.
Literaturverfilmung, Drama, Road Movie, Coming-of-Age
ab 11. Klasse
ab 16 Jahre
Deutsch, Ethik, Philosophie, Psychologie, Sozialkunde
Freundschaft, Heimat, Identität, Familie, Literaturadaption, Liebe, Trauer, Zukunft
02.09.2021
Inhalt
Samuel lebt größtenteils bei der Familie seines besten Freundes Jannik, denn seine alkoholkranke Mutter Irene ist mit der Erziehung überfordert. Obwohl beide Jungen sehr gegensätzlich sind, wirken sie unzertrennlich. Ihre Freizeit verbringen sie in einer Gartenlaube, wo sie Zukunftspläne schmieden. Jannik verspricht, Samuel nach Istanbul zu begleiten, wo dieser seinen ihm unbekannten Vater suchen will. Nach dem bestandenen Abitur feiern die Freunde auf einem Rummelplatz, wo Irene und Jannik miteinander Sex haben. Samuel wird Zeuge davon. Er reagiert geschockt, für ihn stellt das Ereignis einen Tabubruch dar. Jedoch sind die beiden nicht in der Lage, über den Abend zu sprechen. Wie geplant fahren sie nach Istanbul. Dort müssen sie jedoch feststellen, dass ihr freundschaftliches Band immer wieder an diesen unaufgearbeiteten Konflikt heranführt und sich ihre Beziehung zueinander verändern wird.
Umsetzung
Nach seinem Spielfilmdebüt „Es war einmal Indianerland“ (2017) setzt Regisseur Ilker Çatak erneut eine literarische Vorlage um: Finn-Ole Heinrichs Roman „Räuberhände“ (2007) avancierte bereits kurz nach dem Erscheinen in einigen Bundesländern zum Abiturstoff. Das darauf basierende Drehbuch reduziert das Figurenensemble und blendet einige Erzählebenen der Vorlage wie die gemeinsame Kindheit von Samuel und Jannik aus. Stattdessen konzentriert sich die Handlung auf die Ereignisse rund um die Abiturfeier sowie auf die Reise nach Istanbul. Çatak fokussiert im ersten Teil des Filmes auf Coming-of-Age-Elemente, indem er den Konflikten der Jungen mit ihren Eltern Raum gibt. Im zweiten Teil finden sich Roadmovie-Motive wieder: Die Suche der Jungen nach dem Vater spiegelt die Suche nach der eigenen Identität wider.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Vor allem in den Gesellschaftswissenschaften kann der Aspekt der Identitätssuche mit seinen unterschiedlichen Facetten thematisiert werden. Während sich Samuel, kurz nachdem er von der Herkunft seines Vaters erfahren hat, über seine türkischen Wurzeln definiert, fehlt Jannik ein derartiger Bezugspunkt. Er versucht, seine Identität ex negativo zu bestimmen, indem er beispielsweise seine Eltern rauchend am Abendbrottisch brüskiert. Im Unterricht kann die Figurencharakteristik und –konstellation mit Hilfe von Kommunikationsmodellen wie dem Vier-Seiten-Modell näher untersucht werden. Einige Konflikte sind darin begründet, dass die Figuren nicht in der Lage sind, ihre Befindlichkeiten klar auszudrücken. Besonders deutlich wird dies in der Szene, in der Jannik mit Lina ohne Begründung Schluss macht. Letztlich ist die Unfähigkeit, Gefühle zu artikulieren auch einer der Gründe, warum sich die Freundschaft zwischen Jannik und Samuel abkühlt. Im Deutschunterricht bietet sich der Vergleich zwischen der literarischen Vorlage und filmischer Adaption an: Erzähltechniken wie der innere Monolog kommen in der Verfilmung nicht zum Tragen – stattdessen drücken Einstellungsgrößen und räumliche Distanz der Figuren in Istanbul die zunehmende Entfremdung aus.
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
İlker Çatak
Gabriele Simon, Finn-Ole Heinrich
Emil von Schönfels, Mekyas Mulugeta, Katharina Behrens, Godehard Giese, Nicole Marischka
93 Min
deutsche Originalfassung
digital, Farbe
ab 16 Jahre
Edition Salzgeber
Vorauswahl für den Deutschen Filmpreis 2021; Erwin Strittmatter Preis 2018 für das Beste Drehbuch