
Tully
Die dritte Gemeinschaftsarbeit von Drehbuchautorin Diablo Cody und Regisseur Jason Reitman ("Juno") besticht durch die Authentizität, mit der typische Erschöpfungszustände einer überforderten dreifachen Mutter dargestellt werden. Das subtile Drama regt mittels einer überraschenden erzählerischen Wendung zum Nachdenken über die Frage an, ob die Vorstellung noch zeitgemäß ist, dass Eltern bei der Versorgung ihrer Kinder keine Schwäche zeigen dürfen.
Drama, Komödie
ab 8. Klasse
ab 13 Jahre
Deutsch, Sozialkunde, Ethik, Religion
Familie, Schwangerschaft, Mutterschaft, Frauen, Ehe, Kindheit/Kinder, Erziehung, Gender/Geschlechterrollen, Werte, Mitgefühl, Verantwortung, Alltag, Individuum (und Gesellschaft)
31.05.2018
Inhalt

Die 40-jährige Personalmanagerin Marlo lebt mit ihrem Mann, der achtjährigen Tochter Sarah und dem fünfjährigen Jonah, der wegen einer neurologischen Störung viel Zuwendung braucht, in einem schönen Vorstadthaus. Ihr Mittelklasseleben gerät aus den Fugen, als Marlo nach einer ungewollten Schwangerschaft ein Baby bekommt. Nun muss sie sich neben Haushalt und Familie auch noch um Mia kümmern, die ihr ständig den Schlaf raubt. Ihr frisch beförderter Mann Drew ist ihr dabei keine große Hilfe. Entnervt nimmt sie das Angebot ihres reichen Bruders an, der ihr eine Night Nanny finanziert, die jeden Abend kommt, um das Baby zu betreuen. Marlo kann endlich wieder tief und genug schlafen, erholt sich und gewinnt wieder Lebensmut, auch durch die aufkeimende Freundschaft mit der kompetenten Studentin Tully. Doch je besser es ihr wieder geht, umso klarer wird, dass sie Tully nicht mehr braucht.
Umsetzung

Die dritte Gemeinschaftsarbeit von Drehbuchautorin Diablo Cody und Regisseur Jason Reitman nach "Juno" und "Young Adult" besticht durch die Offenheit, mit der typische Erschöpfungszustände und nervliche Belastungen einer überforderten dreifachen Mutter dargestellt werden. Der besondere Reiz des warmherzigen Films liegt in ihrer doppelten Erzählstruktur: Am Ende entpuppt sich Tully als Verkörperung des jüngeren Ichs der Heldin, die diese Marlo in ihrer Not als kluge Helferin herbeiphantasiert hat. Cody und Reitman deuten diese Figurenaufspaltung im Film an, etwa wenn die Silhouetten von Marlo und Tully bei einem Treppenaufstieg verschmelzen oder Tully sich als Mädchenname Marlos erweist. Der inszenatorische Realismus wird mehrmals konterkariert durch stimmungsvolle Unterwassersequenzen, die Marlos Gemütszustände versinnbildlichen und eine Meerjungfrau als Retterfigur etablieren.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit

Der Film liefert Anknüpfungspunkte für eine Diskussion über das Konzept der hierzulande kaum bekannten Night Nanny. Welche Vor- und Nachteile bringt es mit sich, wenn Eltern ihr Baby nachts einer Betreuerin anvertraut? Marlos defizitäres Selbstwertgefühl nach der Geburt wirft die Frage auf, ob ein Frauenbild noch zeitgemäß ist, das es einer Mutter verwehrt, Schwäche und Hilfsbedürftigkeit zu zeigen. Die traditionelle Rollenverteilung zwischen der Mutter als Familienmanagerin und dem Vater als Ernährer gibt Anlass, Geschlechterrollen zu hinterfragen und Alternativen zu erörtern. Die fantastischen Einschübe mit der Meerjungfrau legen es nahe, das Bedeutungsspektrum mythischer Wasserfrauen von der verführerischen Nixe bis zur gefährlichen Sirene zu analysieren. Wie kommt es zum Imagewechsel von der erlösungsbedürftigen Meerjungfrau im Märchen zur mütterlichen Samariterin im Film?
Veranstaltungen

Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Downloads
FilmTipp_Tully.pdfWeiterführende Links
Webseite des Verleihs zum FilmJason Reitman
Diablo Cody
Charlize Theron, Mackenzie Davis, Ron Livingston, Mark Duplas u. a.
91 Min
deutsche Fassung, englische Originalfassung mit deutschen Untertiteln
digital, Farbe
ab 12 Jahre
DCM Filmdistribution