Re:Vision Diskriminierungskritisch
Wie können wir mit Filmen – neuen und alten – umgehen, die uns vielleicht wegen einzelner Inhalte oder Gestaltungsmittel filmbildungsrelevant erscheinen, aber die wir mit einer Sensibilität für gesellschaftliche Machtverhältnisse nicht einsetzen wollen - weil sie Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Homo- und Trans*feindlichkeit, Behindertenfeindlichkeit und weitere Diskriminierung reproduzieren?
Wir möchten uns an dieser Stelle an einem für die Filmbildung gewinnbringenden Diskurs beteiligen. Wir wollen eine Perspektivenvielfalt und Kritik abbilden, die bisher, auch von uns, zu wenig wahrgenommen und umgesetzt wird, eine Kritik an diskriminierenden Gestaltungsmitteln und Narrativen im Film. Wir wollen für eine Filmbildung einstehen, die die gesellschaftliche Vielfalt ihres Zielpublikums mitdenkt, die Diskriminierung besprechbar macht und kritisiert. Dabei entstehen auch Fragen, wie wir Filme besprechen, die wir in der Vergangenheit empfohlen haben, die wir aus diskriminierungskritischer Perspektive heute indes nicht mehr einsetzen – diese Entwicklung möchten wir kenntlich machen.
Re: Vision Diskriminierungskritisch bildet einen Prozess ab, dem wir uns als Einrichtung stellen, der sich weiter verändern und dabei auch auf externe Expertisen zurückgreifen wird.
Als Team der VISION KINO sind wir in einer fortlaufenden Auseinandersetzung mit rassismuskritischen Fragen. Im Zusammenhang mit der Herausbringung des Films DER VERMESSENE MENSCH haben wir Canan Turan und Sheri Hagen gebeten, ihre rassismuskritischen Perspektiven auf den Film zu formulieren und in den Kontext der dominierenden Rezeption zu stellen. Da wir in der Rubrik zum kontroversen Film die Debatte stärker machen wollten, haben wir erst anschließend eine weiße Filmemacherin und Kuratorin gebeten, für uns einen Beitrag zu erstellen, der eine weitere Position zu dem Film aufgreift, die den Beitrag des Films zur Aufarbeitung der Kolonialverbrechen positiver betrachtet. Dies wurde von Canan Turan und Sheri Hagen, die hierüber nicht informiert wurden, kritisiert und auch frühzeitig durch die Kollegin Selma Maglic problematisiert, da hierdurch dezidiert rassismuskritische Positionen relativiert wurden. Wir haben die Kritik angenommen und den Fehler anerkannt und haben uns nach intensiver Auseinandersetzung im Team dazu entschlossen, die beiden Positionen von Canan Turan und Sheri Hagen in den Vordergrund zu stellen und den an dieser Stelle bereits veröffentlichten Beitrag von der Seite zu nehmen.
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Stellungnahme Schwarze Filmschaffende
Stellungnahme Schwarze Filmschaffende zu DER VERMESSENE MENSCH