FilmTipp ZOOM und Filmhefte
Das Format FilmTipp ZOOM wirft einen genauen Blick auf die Aspekte eines Films, die ihn zu etwas Besonderem machen. Das können gesellschaftspolitische Fragestellungen ebenso wie die ungewöhnliche Kameraarbeit sein. Neben einer ausführlicheren Filmbesprechung gibt FilmTippZOOM mit Leitfragen und ausgewählten Aufgaben wie z.B. einer Szenenanalyse konkrete Impulse für den Unterricht und Hinweise auf Lernhorizonte und Kompetenzerwerb.
Allen Lehrkräften, Pädagog:innen, Multiplikator:innen, Kinos, Medienzentren, Bildungsinitiativen und anderen Interessierten stehen die FILMTIPP ZOOMs im Rahmen ihrer Filmbildungsarbeit frei zur Verfügung.

Ansprechpartnerin
Sabine Genz
Tel. 030 / 2359 938 65

Vergiss mein nicht
n seinem sehr persönlichen Portrait dokumentiert der Filmemacher David Sieveking die letzten Lebensjahre seiner an Alzheimer erkrankten Mutter Gretel und zeigt, wie schnell sie in die totale Hilflosigkeit abgleitet. Ihre Versorgung gerät für Sieveking zu einer Erforschung ihrer Vergangenheit, die Ungeahntes zutage fördert. Alter, Krankheit und Pflege sind Themen, die im Zuge des demografischen Wandels auch für junge Zuschauer Bedeutsamkeit erlangen.
Drama
ab 9. Klasse
ab 14 Jahre
Religion, Ethik, Biologie, Philosophie, Sozialkunde, Gemeinschaftskunde
Alter, Demenz, Pflege, Liebe, Familie, Biografie, Tod/Sterben, (Deutsche) Geschichte, Werte, Filmsprache, Krankheit
31.01.2013
Inhalt

Der Filmemacher David Sieveking dokumentiert die letzten Lebensjahre seiner an Alzheimer erkrankten Mutter Gretel. Er beobachtet ihre Persönlichkeitsveränderung, die sie zunehmend orientierungslos werden lässt. Bereits nach wenigen Jahren ist sie vollkommen auf fremde Hilfe angewiesen. Als ihr Mann Malte, Davids Vater, einmal zur Erholung in die Ferien fährt, übernimmt David Gretels Obhut. Mühsam versucht er sie dazu zu animieren, am alltäglichen Leben teilzuhaben. Als er erkennt, dass sie sich am lebendigsten an das erinnert, was weit zurückliegt, unternimmt er mit ihr eine Reise an Orte ihrer Vergangenheit. David lernt seine Mutter dabei auf eine neue Weise kennen: Er erfährt, dass sie eine politische Aktivistin war, die sich intensiver in den Protestbewegungen der 60iger und 70iger Jahre engagierte, als er bisher gedacht hatte. Außerdem erfährt er, dass seine Eltern in einer offenen Ehe lebten und damit oft in große Krisen geraten waren. Heute zeigt sich, dass ihnen Gretels Krankheit neben der Belastung auch Chancen bietet, eine neue Form des Zusammenhalts und der Nähe zu finden.
Umsetzung

Auf sehr persönliche Weise portraitiert der Filmemacher seine im Eilschritt erkrankende und alternde Mutter. Ein Stück weit scheint es für ihn auch darum zu gehen, die eigene Familienhistorie und seinen Platz darin zu erforschen. Diese Verwobenheit zeigt sich darin, dass er immer wieder selbst im Bild auftaucht und das Geschehen aus dem Off kommentiert, seine Gefühle, die aktuelle Situation Gretels sowie ihr früheres gemeinsames Leben reflektiert. Zur Veranschaulichung werden sowohl alte Fotografien aus Familienalben als auch anonyme Archivaufnahmen von Demonstrationen der 68er-Bewegung dazwischen geschnitten. Das Motiv der (Zeit-)reise prägt die gesamte visuelle Sprache des Films und findet etwa seinen Ausdruck in Sinnbildern wie Zug- und Autofahrten, die Mutter und Sohn durch Deutschland und die Schweiz führen.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit

Die Suche nach dem eigentlichen Wesen eines Menschen am Ende seines Lebens, die Fragen danach, was bleibt und was zählt, sind zentrale Aspekte des Films. Am Rande geht es auch um eine Spanne Deutscher Geschichte, die sich in der Rekonstruktion der Vergangenheit der Eltern spiegelt. Vor allem aber trägt Sieveking mit seinem Film zu einer Aufklärung über die weitgehend tabuisierte Krankheit Alzheimer bei, indem er deren Verlauf genau beobachtet und seine Zuschauer offen mit den Auswirkungen konfrontiert. Er macht die emotionale Belastung der gesamten Familie deutlich, zeigt, wie sie durch die Organisation der Pflege Gretels gefordert und zum Teil überfordert werden und wie sie sich durch verschiedene Modelle zu helfen versuchen: Betreuung durch eine junge Frau aus Osteuropa, dann in einem Heim, schließlich wieder der Versuch, Zuhause die optimalen Bedingungen für sie zu schaffen. Gerade im Zuge des demografischen Wandels erhält die Beschäftigung mit diesen Themen eine Brisanz, die auch für junge Zuschauerinnen und Zuschauer bedeutsam ist.
Veranstaltungen

Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
David Sieveking
David Sieveking
Mitwirkende: Gretel Sieveking, Malte Sieveking, David Sieveking, u.a.
92 Min
deutsche Fassung
35mm, digital
ohne Altersbeschränkung
Prädikat „besonders wertvoll“
farbfilm
Filmfestival Locarno 2012, Dok.Leipzig 2012, Montreal Filmfestival (Wettbewerb Dokumentarfilm) 2012