Frankreich 1942. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die deutschen Truppen Paris erreichen und Georg auch dort nicht mehr vor einer Deportation ins Arbeitslager sicher ist. Aufgrund der Bitte eines Freundes sucht er noch den Schriftsteller Weidel auf, der sich jedoch aus Angst vor der Verfolgung bereits das Leben genommen hat. Georg nimmt dessen Hinterlassenschaften an sich – Ein Manuskript, Briefe, den Pass und die Papiere – und flieht nach Südfrankreich. Dort trifft er Marie, die in den Straßen Marseilles ihren ebenfalls verfolgten Ehemann sucht. Georg verliebt sich in sie, bevor er erkennt, dass Marie die Frau aus Weigels Briefen ist. Dessen Pass und Papiere hat er derweil genutzt, um das so wertvolle Visum für das sichere Exil in Mexiko zu bekommen. Obwohl klar ist, dass sich die Handlung auf die Situation politischer Flüchtlinge im besetzten Frankreich zur Zeit der Nazidiktatur bezieht, wählt Regisseur Christian Petzold keine historische Kulisse, sondern siedelt TRANSIT in einer zeitgenössischen Szenerie mit Hochhaussiedlungen und Graffitis an und schafft Bezüge zu Problemlagen unserer Tage, die sich für schutzsuchende Geflüchtete und die aufnehmende Gesellschaft ergeben.
Eine hoch aktuelle Adaption des Romans von Anna Seghers gelingt dem Regisseur Christian Petzold durch die Entkopplung von erzählter Zeit und gezeigtem Raum. Die Geschehnisse von 1942 werden platziert in einem Marseille, das kein realer Ort sein will, in dem sich Vergangenheit und Gegenwart nicht voneinander trennen lassen. Bestimmte Requisiten verweisen immer wieder auf den historischen Kontext. Seine Kraft entwickelt TRANSIT allerdings durch die Aktualität der Bilder, mit denen das Provisorische des Flüchtlingsdaseins, Verfolgung, Verlust, Menschlichkeit und die Hoffnung auf Seelenheil dargestellt werden. Mithilfe des Films ist es möglich, sich mit dem historischen Hintergrund der besonderen Situation von Menschen auf der Flucht im okkupierten Frankreich der Vichy-Regierung auseinanderzusetzen, sowie grundsätzlich die zerstörerischen Auswirkungen eines heimatlosen Lebens auf der Flucht und im Exil zu reflektieren.
Tag 1
Inhalt: SCREENING mit Filmgespräch und Vorstellung der Projektidee
Ort: Kino
Filmlänge: 98 Minuten
Zeitlicher Rahmen: ca. 3,5 Stunden
Tag 2
Ort: Schule
Zeitlicher Rahmen: 1 Schultag / ca. 5 Unterrichtsstunden
Ziele und Chancen:
Anhand von beispielhaften Situationen und Aussagen des Films, sowie anhand eigener Erfahrungen und Beobachtungen aus ihrem eigenen Lebensumfeld beschäftigen sich die Schüler*innen mit:
- Film als einem Kulturgut: Film als Beitrag zu einem Diskurs und zur kulturellen Vielfalt
- den 15 Thesen kultureller Integration
- Verfolgung, Deportation und Tod von verfolgten Regimegegnern und jüdischen Bürger*innen zur Zeit der NS-Diktatur im besetzten Frankreich
- der Situationen von Menschen auf der Flucht und im Transitraum
- der filmischen Umsetzung, die den historischen Kontext umspielt, teilweise auflöst und Bezüge zur Situation Geflüchteter heute schafft
Der Workshop setzt Impulse für:
- ein Bewusstwerden für die Situation von Menschen auf der Flucht
- die verengten Lebensbedingungen und zerstörerischen Auswirkungen von Flucht und Exil heute und damals
- die Beschäftigung mit Fluchtgründen
- die Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur als Teil unserer Geschichte
Enthaltene Module: Filmbesprechung
Thematisierung der 15 Thesen
Inhalt: ZUSATZWORKSHOP: Einführung in die Intersektionalität
Ort: Schule
Zeitlicher Rahmen: + 1 Schultag / mind. 6 Stunden
Ziele und Chancen:
In dieser Workshoperweiterung arbeiten die Schüler*innen auf dem Hintergrund des Films im Kontext von Flucht und Exil mit dem Konzept der Intersekionalität (Mehrfachdiskriminierung). Sie beschäftigen sich mit:
- Perspektiven auf gesellschaftliche Diskriminierungserfahrungen
- ungleicher Chancenverteilung in der Gesellschaft
- realen Lebensbedingungen marginalisierter Gruppierungen
- der Reflektion, inwiefern eine Gemeinschaft aus kulturellen und sozialen Gemeinsamkeiten und Unterschieden besteht
- der Frage, warum Vielfalt spannend und wertvoll ist
Die Workshoperweiterung setzt Impulse:
- ungleiche Chancenverteilung und Dominanzverhältnisse in der Gesellschaft zu erkennen
- das Einfühlungsvermögen in die realen Lebensbedingungen marginalisierter Gruppierungen zu stärken
- die eigene Position und Betroffenheit von Vorurteilen innerhalb der Gesellschaft und ihre strukturelle Verankerung darin zu reflektieren
- eigene Handlungsspielräume zu erproben
Enthaltene Module: Rollenspiel: EIN SCHRITT NACH VORN
Screening Videoclip: Rosapedia - Was bedeutet Intersektionalität?
Inhalt: ZUSATZWORKSHOP: Die Menschenrechte als Grundlage einer freiheitlichen Demokratie
Ort: Schule
Zeitlicher Rahmen: + 1 Schultag / mind. 6 Stunden
Ziele und Chancen:
In dieser Workshoperweiterung werden die Schüler*innen anhand des Films und weiterer Überlegungen zu den 15 Thesen dazu angeregt sich mit den Menschenrechten als Grundlage unserer freiheitlichen Demokratie zu bschäftigen.
Hierbei geht es konkret um:
- die Anerekennung, dass die Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte auch heute wichtig ist
- den historischen Kontext, in dem unser Grundgesetz 1948 entstanden ist
- die Schriftstellerin Anna Seghers, Bezüge zu ihrer Biografie und dem Grundrecht der Freiheit der Kunst
- das Erkennen von Verantwortung für sich und andere, sich als Schüler*innen in verschiedenen Bereichen einzusetzen und so auch über die Schule hinaus aktiv das Zusammenleben zu gestalten.
Die Workshoperweiterung setzt Impulse für:
- das Kennenlernen des Grundgesetzes als Grundlage für das Zusammenleben der Menschen in Deutschland
- eine Beschäftigung mit dem Wert von Liebe, Solidarität und Menschlichkeit in Extremsituationen
- neue Perspektiven auf die 15 Thesen und die Frage nach einem »Zusammenhalt in Vielfalt«
- das Hinterfragen der eigenen Haltung gegenüber geflüchteten Menschen in unserem Lebensumfeld
- das Erkennen, dass das Leben in einer freiheitlichen Demokratie einen Wert darstellt
Enthaltene Module: Die Würde des Menschen ist unantastbar
Die Situation geflüchteter Menschen heute
Regie: Christian Petzold
Deutschland/Frankreich 2018, 102 Minuten
Spielfilm, Literaturadaptation
Produzenten Florian Koerner von Gustorf, Michael Weber. Produktion Schramm Film, Neon ARTE France Cinéma Regie, Buch Christian Petzold frei nach dem gleichnamigen Roman von Anna Seghers. Kamera Hans Fromm. Mit Franz Rogowski, Paula Beer, Godehard Giese, Lilien Batman, Maryam Zaree. Montage Bettina Böhler. Musik Stefan Will. Sound Design Dominik Schleier, Christian Conrad. Redaktion Caroline von Senden (ZDF), Andreas Schreitmüller (ARTE), Olivier Père, Rémi Burah (ARTE France).