Morgen ist auch noch ein Tag
Rom, 1946: Klaglos erträgt Delia die täglichen Schläge und Demütigungen ihres despotischen Ehemanns. Sie funktioniert als Mutter, Haus- und Ehefrau ohne Ansprüche ans Leben. Aber ihre Tochter Marcella soll es einmal besser haben! Das scheint deren Verlobung mit Giulio, Spross aus wohlhabender Familie, zu erfüllen. Doch die gute Partie folgt denselben althergebrachten Rollenmustern. Delia muss handeln, für Marcella und schließlich auch für sich selbst …
C'è ancora domani
Drama, Tragikomödie
ab 9. Klasse
ab 14 Jahre
Sozialkunde, Ethik, Politik, Geschichte, Deutsch, Italienisch, Musik, fächerübergreifend: Demokratiebildung
Frauen, Gleichberechtigung, Gender/ Geschlechterrollen, Emanzipation, Feminismus, Selbstbestimmung, Patriarchat, Diskriminierung, Gewalt, Familie, Erziehung, Bildung, Armut, Nachkriegszeit, Gesellschaft, soziale Ungleichheit, Wahlrecht, Demokratie
04.04.2024
Inhalt
Rom 1946, eine Familie in bescheidenen Verhältnissen, wie viele andere. Eine deftige Ohrfeige ist Delias Startschuss in den Tag. Die Mutter der erwachsenen Marcella und zweier streitlustiger Jungen ist die Schläge und Demütigungen ihres Ehemanns Ivano gewohnt. Während sie klaglos den Haushalt schmeißt und mit vielen Nebenjobs dazuverdient, ist Ivano selbst ein Taugenichts mit Vorliebe für Alkohol, Spiel und käuflichen Sex. Gelehrt hat ihn dies sein nun bettlägeriger Vater, der Delia ebenfalls herumkommandiert. Marcella verachtet ihre scheinbar passive Mutter. Delias einzige Vertraute ist die selbstbewusste Marktfrau Marisa, die ihr mindestens einen Liebhaber wünscht. Anwärter wäre der Mechaniker Nino, Delias alte Liebe. Ein amerikanischer Soldat bietet Delia Hilfe an. Oder enthält der mysteriöse Brief, den Delia erhält, einen Ausweg aus ihrem Martyrium? Als Marcellas Verlobung mit Giulio, Sohn aus wohlhabender Familie, bevorsteht, scheint sich Delias Wunsch von einem besseren Leben für ihre Tochter zu erfüllen – bis sie feststellt, dass sich alles wiederholt. Das muss verhindert werden, mit Mut und um jeden Preis …
Umsetzung
Der Schwarz-Weiß-Film ist formal und inhaltlich eine Hommage an den italienischen Neorealismus (1943-1952), der das „echte Leben“ einfacher Leute und ihre sozialen Nöte in den Fokus rückt. Erzählt wird die allmähliche Emanzipation einer Frau, die eheliche Gewalt erfährt. Im Nachkriegs-Italien angesiedelt, ist das Sittengemälde über Generationen verfestigter Genderrollen und vielfacher Diskriminierung von Frauen universell gültig. Eine angedeutete Liebesgeschichte verweist auf den „Neorealismo rosa“, der Melodram und romantische Komödie vereint. Ironischer Humor spielt mit den Erwartungen des Publikums, Musik wird als kontrastierendes Stilmittel verwendet: Liedtexte kommentieren die Handlung, physische Gewalt wird als Tanz choreographiert, ein Liebeslied ersetzt den O-Ton. Moderne Musik spannt den Bogen in die Gegenwart, wenn Delia in Zeitlupe als zielstrebige Frau auf dem Weg zu ihren Erledigungen inszeniert wird. Ein Brief an Delia sorgt für Suspense und ein bewegendes Finale mit Pointe.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Porträts der unterschiedlichen Frauenfiguren geben Aufschluss über die Lebensrealität von Frauen in der Nachkriegszeit ab den späten 1940er Jahren. Was sich seitdem geändert hat und was nicht, kann z. B. anhand der Begriffe Gleichberechtigung, Emanzipation, Frauenrechte und auch Femizid, Gender-Pay-Gap, „toxische Männlichkeit“ usw. diskutiert werden. Eine Skizzierung der Etappen von Delias Emanzipation kann mit dem parallel stattfindenden Umbruch der Gesellschaft (Stichwort Republik/Wahlen) in Zusammenhang gestellt werden. Definitionen von Neorealismus, „neorealismo rosa“ und Melodram eignen sich als Einstieg in eine Filmanalyse der inhaltlichen und formalen Aspekte (z. B. Bildgestaltung). Vertiefend kann die Wirkung der Schwarz-Weiß-Ästhetik und des Zusammenspiels von Bild- und Tonebene, vor allem der Lieder und Liedtexte zu den gezeigten Bildern, untersucht werden.
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Paola Cortellesi
Furio Andreotti, Giulia Calenda, Paola Cortellesi
Paola Cortellesi, Valerio Mastandrea, Romana Maggiora Vergano, Emanuela Fanelli, Giorgio Colangeli, Vinicio Marchioni, Francesco Centorame u. a.
119 Min
deutsche Fassung, italienische Originalfassung mit Untertiteln
digital, schwarz-weiß
ab 12 Jahre
Tobis Film
Internationales Filmfest Rom 2023: Special Jury Award „Bester Film” und Publikumspreis; Göteborg Filmfest 2024: „Dragon Award”; Verband Italienischer Filmkritiker: „Bester Film des Jahres 2024“ u. a.