Der Gymnasiast
Der Teenager Lucas wird durch den Unfalltod seines Vaters aus der Bahn geworfen und beschließt, für eine Woche nach Paris zu gehen. Dort kommt er bei seinem Bruder Quentin unter, für dessen Mitbewohner er schon bald mehr empfindet. In einer Mischung aus Trauer- und Coming-of-Age-Drama macht Christoph Honoré das Wechselbad der Gefühle dank nuancierter Schauspielleistungen, einer brüchigen Erzählweise und einer unsteten Kameraarbeit intensiv erfahrbar.
Le Lycéen
Drama, Coming-of-Age
ab 11. Klasse
ab 16 Jahre
Französisch, Psychologie, Ethik, Philosophie, Sozialkunde
Tod/Sterben, Trauer/Trauerarbeit, Familie, Homosexualität, Identität, Erwachsenwerden
30.03.2023
Inhalt
Dem 17-jährigen Internatsschüler Lucas Ronis kommt es rückblickend wie eine böse Vorahnung vor: Als ihn sein Vater vor kurzem zur Schule brachte, landeten sie mit dem Wagen neben der Straße, blieben aber unverletzt. Nur wenig später muss der Teenager den Tod seines Seniors verkraften, der auf gerader Strecke in einen Unfall verwickelt wurde. Bei der Trauerfeier kommt es zu einem Streit zwischen dem aufgewühlten Lucas und seinem älteren Bruder Quentin, der schon bald in sein altes Leben nach Paris zurückkehren will. Nachdem sich die beiden Geschwister versöhnt haben, beschließt Lucas, sich eine Woche lang bei Quentin einzuquartieren, um den Kopf wieder ein wenig frei zu bekommen. Während er mit seiner Mutter Isabelle in Kontakt bleibt, taucht der Jugendliche in die aufregende Metropole ein und fühlt sich mehr und mehr zu Quentins Mitbewohner Lilio hingezogen.
Umsetzung
Regisseur und Drehbuchautor Christoph Honoré, der seinen eigenen Vater im Teenageralter verlor, legt mit DER GYMNASIAST einen sehr persönlichen Film vor und zwängt diesen nicht in ein konventionelles dramaturgisches Korsett. Statt einen fein säuberlich ausbuchstabierten Trauerweg zu beschreiten, fängt das stark gespielte Drama konsequent das Chaos der Gefühle ein und mischt diesem Coming-of-Age-Elemente, etwa sexuelle Erfahrungen oder die Frage nach der eigenen Identität, bei. Mehrfach springt der Film in der Zeit hin und her. Mal ist der Schmerz größer, mal wird er von anderen Empfindungen überlagert. Und wiederholt reflektiert der allein in die Kamera sprechende Protagonist vor schwarzem Hintergrund die Zäsur, die der Tod des eigentlich von ihm entfremdeten Vaters markiert. Dem emotionalen Durcheinander trägt auch die oft unstete, nah an die Figuren heranrückende Kamera Rechnung.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
DER GYMNASIAST eignet sich hervorragend, um das komplexe Thema „Trauer und Trauerarbeit“ in seiner ganzen Bandbreite zu erörtern und die gewählte Erzählweise vor diesem Hintergrund zu beleuchten: Warum hat sich Honoré entschieden, seine Geschichte nicht plotgetrieben zu schildern, sondern auf Stimmungen und Zwischentöne zu setzen? Inwiefern trägt die Kameraarbeit dazu bei, dass das Erleben der Hauptfigur mit Händen zu greifen ist? Und welche Rolle spielt der Einsatz von Musik? Spannend ist auch die unverkrampft inszenierte sexuelle Ebene. Sind die Sehnsüchte des Protagonisten und seine körperlichen Begegnungen Ausdruck einer Ablenkungsstrategie? Oder kommt in ihnen eine generelle Suche nach Halt und Sinn zum Vorschein? Ferner bietet es sich an, über die Vielschichtigkeit von familiären Beziehungen zu sprechen. Lucas und sein Bruder etwa stehen sich nahe, geraten aber des Öfteren aneinander.
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Downloads
FilmTipp_Der_Gymnasiast.pdfWeiterführende Links
Webseite des VerleihsChristophe Honoré
Christophe Honoré
Paul Kircher, Vincent Lacoste, Juliette Binoche, Erwan Kepoa Falé, Adrien Casse, Anne Kessler, Elliot Jenicot, Lawa Fauquet, Christophe Honoré u. a.
123 Min
französische Originalfassung mit deutschen Untertiteln
digital, Farbe
ab 16 Jahre
Salzgeber
(Auswahl): Toronto International Film Festival 2022; San Sebastián International Film Festival 2022 (Preis als bester Darsteller für Paul Kircher); London Film Festival 2022; Torino Film Festival 2022; Palm Springs International Film Festival 2023; Göteborg Film Festival 2023