Die Magnetischen
Wer hätte gedacht, dass es ausgerechnet der Militärdienst ist, den er um jeden Preis vermeiden wollte, der Philippe aus der Enge seiner französischen Heimat heraus führt. Stationiert im geteilten Berlin der 1980er Jahre entdeckt der zurückhaltende junge Erwachsene nicht nur sein Talent fürs Radiomachen.
Les Magnétiques
Drama, Coming-of-Age
ab 11. Klasse
ab 16 Jahre
Französisch, Deutsch, Geschichte, Musik, Medienkunde, Ethik, Philosophie, Sozialkunde, WAT
Geschichte, Geschwisterbeziehungen, 1980er Jahre, Musik, Erwachsenwerden, Identität, Individuum (und Gesellschaft), Liebe, Generationenkonflikt, Militärdienst, geteiltes Deutschland, Frankreich, Radio, Suizid
28.07.2022
Inhalt
Der kleine Piratensender namens „Warschau“ der ungleichen Brüder Jérôme und Philippe ist eine Insel der Aufmüpfigkeit und Nonkonformität im verschlafenen, nordfranzösischen Provinzstädtchen, in dem die beiden mit ihrem bärbeißigem Vater leben. Außer Radiomachen gibt es dort Anfang der 1980er Jahre nicht viel Abwechslung. Erst die schöne Pariserin Marianne bringt Aufregung in den Alltag der jungen Leute – und sorgt gleichzeitig für unausgesprochene Konflikte zwischen den Brüdern. Doch diese scheinen sich zu beruhigen, als der introvertierte Philippe zum Militärdienst eingezogen wird. Er wird in West-Berlin stationiert und trifft in der Frontstadt zum ersten Mal auf professionelle Radioleute, die sein Talent für ausgetüftelte Soundeffekte erkennen. Fern von zu Hause gelingt es dem schüchternen Jungen, Marianne endlich seine Gefühle zu gestehen: natürlich via Radio. Doch ein eigenmächtiger Heimatbesuch zieht tragische Konsequenzen nach sich.
Umsetzung
Es ist ihre Leidenschaft für Musik, welche die Brüder das dröge Establishment in ihrer Heimatstadt und die Erwartungen der Elterngeneration ertragen lässt. Iggy Pop, Joy Division und andere Bands der Underground Rock-/Punkszene bilden den Soundtrack einer Jugend, die sich allzu oft in rebellischen Gesten erschöpft. Es gelingt Regisseur Vincent Maël Cardona sehr gut, dieses zwischen Resignation und Aufbruch schwankende Lebensgefühl einzufangen. Der Kalte Krieg ist festgefahren, politisch gibt es für junge Leute wenig Raum zur Entfaltung. Die Enge der Zeit verdeutlicht sich auch auf der ausgefeilten Bildebene: In vielen Einstellungen wirken die aus der Distanz gefilmten Protagonisten wie eingesperrt in bedrückenden Räumen. Es dominieren gedeckte Farben und künstliches Licht. Das in dieser Situation ausgerechnet das Militär für Philippe zu einem Ort der Selbstentfaltung wird, bildet einen ungewöhnlichen Kontrapunkt.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Für den Unterricht bietet sich eine vergleichende Zeitanalyse an: Können die Jugendlichen das im Film portraitierte Lebensgefühl nachvollziehen? Wie sehen sie die Situation damals im Vergleich zur Gegenwart? Im Fach Musik bietet es sich an relevante musikalische Strömungen der 1980er Jahre und ihren Einfluss auf aktuelle Künstler*innen zu thematisieren. Auch ist es für die „digital natives“ erhellend zu sehen, wie die analoge Produktion von Radio und Musik funktionierte. Das könnte im Unterricht auch selbst mal ausprobiert werden. Das Liebesdreieck und der Suizid des Bruders sollte unter ethischen Gesichtspunkten sensibel diskutiert werden. In Bezug auf die Filmsprache kann analysiert werden, wie die Darstellung von Räumen sowie das Farbspektrum genutzt wird, um Menschen und Situationen zu charakterisieren.
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Downloads
FilmTipp_Die_Magnetischen.pdfVincent Maël Cardona
Vincent Maël Cardona, Chloe Larouchi, Mael Le Garrec, Catharine Paille, Rose Philippon, Romain Compingt
Thimotée Robert, Marie Colomb, Joseph Olivennes, Meinhard Neumann u. a.
98 Min
deutsche Fassung, französische Originalfassung mit Untertiteln
digital, Farbe
ab 16 Jahre
Port au Prince Pictures
(2022) César als bester Debutfilm, Prix lumière für Thimotée Robert als bester Nachwuchsdarsteller, Filmfest München