Elfriede Jelinek - Die Sprache von der Leine lassen
Der aus der Perspektive Elfriede Jelineks erzählte Dokumentarfilm bringt uns mit einer Collage aus Archivmaterialien, neueren Interviewausschnitten und von namhaften Schauspieler*innen aus dem Off gesprochenen Textrezitationen die Literaturnobelpreisträgerin künstlerisch wie menschlich näher. Vor dem zeithistorischen Hintergrund ihrer Herkunft werden die sprachkünstlerische Ausrichtung des Werks wie auch die von Feminismus, Politik und Gesellschaftskritik geprägten Motive ihres Schaffens anschaulich.
Dokumentarfilm, Biografie
ab 10. Klasse
ab 15 Jahre
Deutsch, Darstellendes Spiel, Kunst, Politik, Geschichte, Ethik, Religion
Biografie, (österreichische) Geschichte, Diskriminierung, Emanzipation, Erziehung, Gender/Geschlechterrollen, kulturelle Identität, Judentum, Politik, Rechtsextremismus, Religion/Religiosität, Sexualität, Sprache, Theater, Werte, Zivilcourage
10.11.2022
Inhalt
Geboren 1946 in der Steiermark als einziges Kind einer großbürgerlich-katholischen Mutter und eines als Chemiker zwangsweise in der Rüstungsindustrie überlebenden jüdischen Vaters, war Elfriede Jelinek ihr Lebensweg als Romanschriftstellerin, Dramatikerin, Essayistin, Lyrikerin, Journalistin, Übersetzerin, Drehbuch- und Hörspielautorin, 2004 kontrovers gekrönt mit dem Literaturnobelpreis, nicht in die Wiege gelegt. Die Wünsche der Mutter, sie mit Hilfe eines Orgel-, Klavier-, Blockflöten- und Kompositionsstudiums am Wiener Konservatorium zu einem musikalischen Wunderkind zu machen, erfüllten sich nicht. In den späten 1960er Jahren politisierte Elfriede Jelinek sich und studierte einige Semester Kunst- und Theaterwissenschaften, um sich nach einem psychisch bedingten Rückzug ins Private dem Schreiben erster Gedichte zuzuwenden – der Sprache als „einziger Kunst, die die Mutter nicht gefördert hat.“ Von solchen biografischen Prägungen und späteren künstlerischen Erfahrungen berichtet Jelinek in zahlreichen Interviews, eingebettet in Archivmaterialien zum gesellschaftspolitischen und kulturellen Hintergrund ihres Werdegangs.
Umsetzung
Ähnlich, wenn auch nicht so radikal wie Jelineks collageartige Verfahrensweise, erzählt der Film aus der Perspektive der Porträtierten von Etappen ihrer Herkunft und ihres künstlerischen Werdegangs wie auch dem damit eng verbundenen gesellschaftskritisch-feministischen Kontext ihrer Arbeiten. Claudia Müllers Porträt der Sprachartistin reflektiert das eminent Politische ihres Künstlerinnendaseins. Die Montage verwebt eine Fülle erstmals präsentierter Film- und Tondokumente sowie Fotos von ihrer steirisch-wienerischen Herkunftsgeschichte mit weitgehend unbekannten Interviewpassagen aus dem Archiv wie auch neu aufgenommenen Gesprächsstrecken und sparsam ausgewählten Ausschnitten von Theater-Inszenierungen ihrer Stücke. Off-Rezitationen ihrer Texte, kongenial gesprochen von einer Riege prominenter Theater- und Filmschauspieler*innen, und die zugewandte Gesprächsart Jelineks bringen uns die als unnahbar geltende und wegen ihrer nicht selten sarkastischen, provokanten, unerbittlichen und sperrigen Texte immer wieder als „schwierig“ charakterisierte Autorin menschlich wie künstlerisch näher.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Der Jelinek ausgesprochen zugänglich präsentierende Film bietet eine Hinführung zu einem politisch-ästhetisch kontrovers diskutierten Werk der deutschsprachigen Literatur, das trotz diverser Würdigungen bis hin zur Nobelpreisauszeichnung, zahlloser Inszenierungen an Theaterbühnen und prämierter Filmadaptionen (DIE KLAVIERSPIELERIN, Michael Haneke, 2001) insbesondere bei Heranwachsenden geringe Aufmerksamkeitsreichweiten erzielen dürfte. Thematisch ließe sich an die deutlich werdende autobiografische Durchdringung von Jelineks kreativ-autonomer Sprachkunst anknüpfen, die auch jenseits von ihrem Herkunftsland Österreich über die Jahrzehnte unvermindert aktuelle politische Fragestellungen wie Sexismus und unabgeschlossene NS-Vergangenheitsbewälti-gung motivisch aufgreift und dazu mit Texten, auf dem Theater und im Netz (s. u.) Diskursräume öffnet. Mit Blick auf Jelineks eigene sprachassoziative Verfahrensweise lässt sich am Film die Bild- und Toncollageform vergleichend analysieren.
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Downloads
FilmTipp_Elfriede_Jelinek.pdfWeiterführende Links
Webseite des Verleihs zum FilmWebseite von Elfriede Jelinek
Der Film bei filmportal.de
Claudia Müller
Claudia Müller
Elfriede Jelinek, als Rezitor*innen: Sophie Rois, Stefanie Reinsperger, Maren Kroymann, Sandra Hüller, Ilse Ritter u. Martin Wuttke u. a.
96 Min
deutsche Originalfassung
digital, Farbe und Schwarzweiß
ab 12 Jahre
farbfilm verleih
Filmfest München 2022, Fipresci Award; doclisboa, festival international de cinema 2022; Deutscher Filmpreis für den Besten Dokumentarfilm 2023
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Webseite des Verleihs zum FilmWebseite von Elfriede Jelinek
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