König hört auf
In Jena ist Lothar König bekannt wie ein bunter Hund. Seit 1990 leitete der evangelische Pfarrer dort die Junge Gemeinde und engagierte sich mit Volldampf gegen rechts, für eine offene Gesellschaft. Doch die Kämpfe haben Spuren hinterlassen. Im Jahr 2019 ist Schluss, König hört auf. Was aber kommt nach der Aussegnung? Im aufrüttelnden Porträt seines Vaters zeigt Tilman König einen unbequemen Streiter in bewegter Zeit, der für die Gesellschaft mehr getan hat als sie für ihn.
Dokumentarfilm, Biografie
ab 10. Klasse
ab 15 Jahre
Deutsch, Geschichte, Politik, Religion, Ethik
Zivilcourage, Rechtsextremismus, Menschenrechte/-würde, Religion, Vorbilder, DDR
17.11.2022
Inhalt
Schon in der DDR kam Lothar König, Jahrgang 1954, in Konflikt mit der Staatsmacht, wurde nicht zum Abitur zugelassen und später als Mitglied der „Kirche von unten“ gezielt diffamiert. Nach der Wende wurde er, seit 1990 Stadtjugendpfarrer in Jena, mit seiner unermüdlichen Arbeit für Jugendliche und Geflüchtete zu einer Symbolfigur der linksalternativen Szene, aber auch zur Zielscheibe rechtsradikaler Morddrohungen. Lange vor dem Auffliegen des NSU warnte er vor einem rechten Untergrund. Bundesweite Schlagzeilen machte er indes durch im Nachhinein falsche Anschuldigungen wegen „schweren aufwieglerischen Landfriedensbruchs“ auf einer Antifa-Demonstration, die ihm 2013 einen Strafprozess einbrachten. Am 25. August 2019 wird er in einem feierlichen Gottesdienst in der Jenaer Kirche St. Michael in den Ruhestand verabschiedet.
Umsetzung
Ob Gottesdienst, Antifa-Demo oder Kiezfest, der Mann mit dem markanten Rauschebart ist überall. Lothar König mag auf die siebzig zugehen, aber junge Leute, Zigaretten und ein paar Fußbälle sind immer in seiner Nähe. Wenn er in Fahrt kommt, predigt er das Wort Gottes mit derselben Leidenschaft wie Disziplin und Taktik beim Hallensport mit jungen Geflüchteten. Eine große Stirnnarbe erinnert aber auch daran, welche Gefahren mit seinem nahezu täglichen Engagement gegen Hass und Intoleranz verbunden sind. Für den sensibel und genau beobachteten Dokumentarfilm hat Tilman König, als Regisseur und Kameramann in einer Person, seinen Vater über drei Jahre begleitet und interviewt. Zwischen Bierduschen auf dem Punkkonzert und der Organisation der nächsten Demo erlebt man einen Mann, der noch immer gerne aneckt und kein Blatt vor den Mund nimmt. Doch König ist auch müde, das Alter fordert seinen Tribut. Die Sorge, was danach kommt, macht ihm den Schritt nicht leichter.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Ein junger Punker bringt den Film am besten auf den Punkt: „Ich bin kein Christ, aber ich finde das geil was du in den letzten Jahren gemacht hast“. Lothar König ist ein Vorbild für zivilgesellschaftliches Engagement jenseits alter Denkschablonen. Gleichwohl liegen in seinen theologischen und philosophischen Erklärungen wichtige Denkanstöße. So begründet er seine Ablehnung jeder Gewalt mit humanistischen Prinzipien und findet Hoffnung auch in finsteren Zeiten ebenso in der Bibel wie bei Herbert Marcuse: „Eine andere Welt ist möglich.“ Im Unterricht können die Verwerfungen der Nachwendezeit nachvollzogen werden, die Fülle an Bildmaterial – ein Radiointerview, Fernsehausschnitte, Bilder von Neonazi-Demonstrationen – bietet aber auch Stoff für die Auseinandersetzung mit dokumentarischen Formen. Wie Königs junge Fans die Zukunft sehen, haben sie auf ein Transparent geschrieben: „Antifaschismus kennt keinen Ruhestand!“
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Tilman König
Tilman König
Mitwirkende: Lothar König, Katharina König-Preuss, Jan 'Monchi' Gorkow u. a.
82 Min
deutsche Originalfassung
digital, Farbe
ab 12 Jahre
Weltkino Filmverleih
Dok Leipzig 2022