
Otac - Vater
300 Kilometer bis Belgrad: Als ihm das Jugendamt die Kinder nimmt, weil er sie nicht mehr versorgen kann, macht sich Nikola zu Fuß auf den Weg in die serbische Hauptstadt. Der Minister persönlich soll ihm seine Kinder wiedergeben – und seine Würde als Vater. Die Reise durch ein von Armut geprägtes Land wird zum Plädoyer gegen die Zustände. In ruhigen, atmosphärisch dichten Bildern sendet der serbische Film eine universelle Botschaft, die bewegt.
Otac
Drama
ab 10. Klasse
ab 15 Jahre
Politik, Deutsch, Geschichte, Sozialkunde, Ethik, Psychologie
Armut, Arbeitslosigkeit, Familie, Gerechtigkeit, Mut, Medien, Krieg/Kriegsfolgen, Filmsprache
02.12.2021
Inhalt

Ein dramatischer Akt zu Beginn, auf einem serbischen Fabrikgelände: Weil ihrem Mann Nikola seit Wochen kein Lohn gezahlt wird, droht eine Frau mit Selbstverbrennung. Sie überlebt, doch die zwei Kinder des Paars kommen in eine Pflegefamilie. Das Jugendamt sieht Nikola nicht in der Lage, das Kindeswohl zu gewährleisten. Auch durch notdürftige Reparaturen seiner ärmlichen Behausung – er muss Wasser und Strom beim Nachbarn anzapfen – erreicht Nikola nichts. In seiner Verzweiflung begibt sich der Vater auf den Weg nach Belgrad, um im Sozialministerium seine Lage zu schildern. Völlig mittellos auf sich gestellt, gerät er immer wieder in Gefahr, stößt aber auch auf Barmherzigkeit und Verständnis. Sein stiller Protestmarsch erweckt für kurze Zeit sogar das Interesse der Medien.
Umsetzung

Am Beispiel eines armen Tagelöhners zeigt Regisseur Srdan Golubović die Armut eines ganzen Landes. Nikolas in langen Einstellungen festgehaltene Wanderung durch eine verdorrte Landschaft und allgegenwärtigen Verfall evoziert eine geradezu transzendentale Schwere, die den schweigsamen Protagonisten nicht ausnimmt. Hoffnung kommt von Menschen, die es gut mit ihm meinen. Ein Lieferwagenfahrer, der ihn ein Stück mitnimmt, erweist sich allerdings als skrupelloser Schlepper für Flüchtlinge – er hätte sonst auch keine Arbeit. Noch einprägsamer sind seine mit behutsamer Symbolik versehenen Begegnungen mit Tieren: ein Hund, mit dem Nikola sein Nachtlager teilt, bedrohliche Wölfe, ein Kaninchen auf der Flucht. Am Ziel seiner Reise schließlich warten neue Hürden. Gezeigt wird ein durchaus wohlwollender, aber schwerfälliger Staat, der seinen Bürgern kaum mehr bieten kann als ein glückloser Vater seinen Kindern. Trotz der Schwere ist der Film nicht unzugänglich und entfaltet eine große erzählerische Kraft
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit

Serbien ist ein noch immer von Krieg und zwischenzeitlichem Embargo gezeichnetes Land. Die Wirtschaft erholt sich nur langsam, bei weiterhin hoher Arbeitslosenrate und niedrigem Lohnniveau. Der Film macht die Wunden der über zwei Jahrzehnte zurückliegenden Konflikte sichtbar, ohne die Hintergründe direkt zu thematisieren. Dadurch erhält er seine universelle Wirkung. Nikola steht für viele, die in einer immer schnelleren Welt vergessen wurden, sich gegen Strukturwandel, Ungerechtigkeit und Korruption nicht wehren können. Man fühlt mit diesem authentisch dargestellten Schicksal, schöpft aber auch gemeinsam mit ihm neue Hoffnung. Der Fokus kann auf die für die meisten Schülerinnen und Schüler sicher ungewohnte Bildsprache gerichtet werden. Über die Frage, warum wir mit dieser Figur fühlen, können eigene Empfindungen von Überforderung und Mutlosigkeit sowie Lösungsmöglichkeiten in solchen Situationen diskutiert werden. Auch die wortlose, exzellente Montage am Ende des Films, in der sich der geschundene Held gewissermaßen sein Leben zurückholt und es mit nüchternem Optimismus wieder in die Hand nimmt, lohnt einen genauen Blick.
Veranstaltungen

Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Srdan Golubović
Srdan Golubović, Ognjen Sviličić
Goran Bogdan. Boris Isaković, Nada Šargin, Milica Janevski, Ajla Šantić, Muharem Hamzić u.a.
120 Min
deutsche Fassung
digital, Farbe
ab 12 Jahre
Prädikat "besonders wertvoll"
barnsteiner Film
IFF Berlin – Berlinale 2020: & Preis der Ökumenischen Jury, Panorama-Publikumspreis Europäischer Filmpreis 2020: Nominierung bester Darsteller (Goran Bogdan)