Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit
In der westfälischen Provinz kämpfen osteuropäische Leiharbeiter*innen eines riesigen Schlachtbetriebs gemeinsam mit einigen Aktivist*innen gegen ihre Ausbeutung. In den Schilderungen wird deutlich, wie sie ihr Leben für unser Billigfleisch riskieren. Parallel dazu werden die Proben von Münchener GymnasiastInnen zu Bertolt Brechts Theaterstück „Die Heilige Johanna der Schlachthöfe“ gezeigt, wobei sie über deutsche Wirtschaftsstrukturen und ihr Verhältnis dazu reflektieren.
Dokumentarfilm
ab 9. Klasse
ab 14 Jahre
Sozialkunde, Politik, Wirtschaft, Gemeinschaftskunde, Religion, Ethik, Lebenskunde, Deutsch
Ausbeutung, Leibarbeit/Arbeitsmigration, Handel, Kapitalismus, Wirtschaft, Gerechtigkeit, Moral, Verantwortung, Menschenrechte/-würde, Macht/Machtgefüge, Verantwortung, Solidarität, Tod/Sterben, Konsumverhalten, Tierhaltung, Lebensmittelproduktion, Theater
22.10.2020
Inhalt
Rheda-Wiedenbrück in Ostwestfalen: Bundesweit in die Schlagzeilen geraten ist die Gegend durch die industrielle Schlachtung und die unwürdigen Bedingungen, die in allen Bereichen herrschen: Weder spielt hier das Tierwohl eine Rolle noch das Wohl der zumeist osteuropäischen Leiharbeiter*nnen. Unter unerträglichen Bedingungen müssen sie nicht nur arbeiten, sondern leben. Der Film begleitet Betroffene und Aktivist*innen, die sich für deren Rechte einsetzen, und beleuchtet beispielhaft persönliche Hintergründe. Parallel werden dazu die Proben von Schüler*innen eines Münchener Gymnasiasiums zu Bertolt Brechts Theaterstück „Die Heilige Johanna der Schlachthöfe“ gezeigt, wobei sie über den Kapitalismus, die deutschen Wirtschaftsstrukturen, Religion und ihr Verhältnis dazu reflektieren.
Umsetzung
Es sind nicht die brutalen Bilder aus dem Inneren eines Schlachtbetriebs, es ist nicht der Umgang mit den Tieren bei der Schlachtung, sondern der Umgang mit den Menschen, der hier für Entsetzen sorgt. Parallelmontagen zeigen die Schüler*innen, die sich das Theaterstück im geschützten Raum der Schule erarbeiten, während in den Schilderungen der Arbeiter*innen deutlich wird, wie sie ihre Gesundheit und sogar ihr Leben für unser Billigfleisch riskieren. In der essayistisch-fragmentarischen Verknüpfung von verschiedenen Perspektiven – der Leiharbeiter*innen, Aktivist*innen, Schüler*nnen und zu Beginn des Films auch der Tiere – kommen viele Fragen auf, werden aber nicht immer Antworten geliefert. Damit kann einerseits der Prozess des Nachdenkens angestoßen werden, andererseits ist ein hohes Maß an Aufmerksamkeit erforderlich, um den Filminhalten zu folgen.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Durch die Theatergruppe wird im Film selbst der Umgang mit zentralen Fragestellungen thematisiert: Was beinhalten und bedeuten heute noch die ‚klassischen‘ Begriffe wie Ausbeutung und Kapitalismus? Zählen in der industriellen Produktion Tier und Mensch nur noch als Ware? Welche Folgen haben Leiharbeit bzw. Arbeitsmigration? Wer kann hier Abhilfe schaffen, wie kann sich jeder Einzelne verhalten (etwa beim Fleischkonsum) und welche Aufgaben haben z. B. die Kirchen? Krankheit, Verletzung und Tod werden ebenfalls thematisiert und erfordern eine sensible Vertiefung. Zentrale Aspekte der Filmbesprechung sollten auch seine immanente Gegenüberstellung von Theater-Fiktion und Schlachthof-Realität sowie seine fragmentarische, spielerisch-verdichtende und damit insgesamt intellektuell herausfordernde Gestaltung sein.
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Yulia Lokshina
Yulia Lokshina
Mitwirkende: Inge Bultschnieder, Alexander Klessinger, Münchener Gymnasiast*innen sowie Leiharbeiter*innen in Ostwestfalen
96 Min
mehrsprachige Originalfassung (deutsch, russisch, rumänisch, polnisch, englisch) mit deutschen Untertiteln
digital, Farbe
ab 12 Jahre
JIP Film
Max Ophüls Preis: Bester Dokumentarfilm 2020, DOK.fest München @home 2020: megaherz Student Award