
Wenn du Angst hast, nimmst du dein Herz in den Mund und lächelst
Annas Leben verändert sich schlagartig, als sie von der Mittelschule aufs Gymnasium wechselt. Denn sie ist arm und die meisten Kinder dort reich. Erst schämt sie sich für ihre Herkunft und die alleinerziehende, behinderte Mutter. Doch bald findet sie eine Freundin und steht für sich ein. Das Debüt der österreichischen Regisseurin Marie Luise Lehner erzählt von Klassenunterschieden, Geschlechteridentität und dem Erwachsenwerden und feiert dabei Vielfalt als Norm.
Drama, Coming-of-Age
ab 7. Klasse
ab 12 Jahre
Deutsch, Ethik, Musik, Sozialkunde, GRW, Medienkunde, Philosophie, Psychologie
Behinderung, Hörbehinderung, Geschlechteridentität, Klassismus, Vielfalt, LGBTQIA+, Erwachsenwerden, Eltern-Kind-Beziehung, alleinerziehende Eltern, Identität, Sexualität, Intersektionalität, Freundschaft
02.10.2025
Inhalt

Die zwölfjährige Anna lebt mit ihrer alleinerziehenden Mutter Isolde in einer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung am Rande von Wien. Anna ist eine sogenannte CODA („child of deaf adults“) – ein „Kind gehörloser Eltern“. Denn Isolde hat eine Hörbehinderung. Mit ihr unterhält sich Anna oft in Gebärdensprache, gleichzeitig spricht Anna auch Lautsprache. Das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter ist innig, aber das Geld oft knapp. Als Anna von der Mittelschule auf ein Gymnasium im Stadtzentrum wechselt, trifft sie auf Jugendliche, von denen die meisten aus der Oberschicht stammen. Obwohl sie selbstbewusst ist, beginnt sie sich für ihre soziale Herkunft und die behinderte Mutter zu schämen. Auch mit Isolde kommt es in Folge immer öfter zu Streitereien. Am Ende findet Anna aber mit Mara eine verbündete Freundin an der neuen Schule und kann ihre Scham in Stolz verwandeln.
Umsetzung

Der Film ist eine Coming-of-Age Geschichte der besonderen Art. Denn auf der Suche nach Identität wird Vielfalt als Norm dargestellt. Dabei werden Themen wie Klassismus, Behinderung und Geschlechteridentität verhandelt. Das bemerkenswerte an Marie Luise Lehners Debüt ist ihre intersektionale Haltung, mit der sie unaufgeregt vielfältige Lebensrealitäten zeigt. Beispielsweise lebt Annas neue Freundin Mara ebenfalls allein mit ihrem queeren Vater. Lehner spielt gerade beim Aussehen ihrer Haupt- und Nebenfiguren immer wieder mit Gender-Stereotypen und Cross-Dressing. Zum Beispiel tanzen Anna und Mara als Männer verkleidet und mit künstlichen Bart Tik-Tok-Videos nach. Die Nachbarschaft von Anna ist vielfältig, dazu gehören Kinder mit Migrationsgeschichte oder Transvestiten genauso selbstverständlich wie ihre hörbehinderte Mutter.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit

Der Film eignet sich besonders gut, um auf den Alltag von Menschen mit Hörbehinderung und deren Kinder einzugehen. Wie wird Licht anstatt Geräusche für Wecker oder Klingel verwendet, auf welche Barrieren treffen Isolde und Anna, welche Hilfsmittel nutzt Isolde? Gebärdensprache kann als eigenständige Sprache besprochen werden. Lohnenswert ist, sich mit dem Ton im Film auseinander-zusetzen. Einmal nimmt Isolde ihre Hörgeräte im Schwimmbad heraus, die Atmosphäre wird dumpfer und die Zuschauer*innen können in ihre Art, die Welt wahrzunehmen, eintauchen. Im Gegensatz dazu ist für Anna Musik sehr wichtig. Sie tanzt Social-Media-Videos zu queerem Elektro-POP von POP:SCH („Gender Police“) oder Tami T („Princess“) nach. Da sich die Songs explizit mit dem Thema Geschlechteridentität beschäftigt, können die Texte analysiert werden. Darauf aufbauend ist es möglich, auf die sexuelle Orientierung bei Jugendlichen einzugehen. Bspw. äußert Anna selbst, dass sie ihren männlichen Mitschüler vor allem deshalb interessant findet, weil sie so sein will wie er.
Veranstaltungen

Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Marie Luise Lehner
Marie Luise Lehner
Siena Popovic, Jessica Paar, Mariya Menner, Katrin Resetarits u. a.
88 Min
deutsche Originalfassung, deutsche Gebärdensprache; barrierefreie Fassungen mit erweiterten Untertiteln
digital, Farbe
ab 12 Jahre
arsenal – institut für film und videokunst e. V.
(Auswahl 2025) Berlinale: Teddy Award; CICAE Art Cinema Award; Pink Apple Filmfestival Zürich: Publikumspreis und Bester Film im Internationalen Wettbewerb; Diagonale - Festival des österreichischen Films, Graz u. v. a. m.