
WO/MEN
Der Dokumentarfilm erzählt die Geschichte von sechs albanischen Frauen, sogenannten Burrneshas, die sich aus unterschiedlichen Gründen entschlossen haben, die gesellschaftliche Rolle des Mannes zu übernehmen. Eine Rolle, die sie teils mit großer Freude und Erfolg ausfüllen - bis zum General in der Armee. Sie kopieren auf diese Weise die Strukturen und Regeln eines frauenfeindlichen Systems und zementieren es mit. Für viele ist es aber auch die einzige Möglichkeit, die Familie ökonomisch zu unterstützen. An der Gleichberechtigung aller Geschlechter mangelt es in Albanien weiterhin.
Dokumentarfilm
ab 9. Klasse
ab 14 Jahre
Sozialkunde, Ethik, Religion, Politik, Geschichte
Gender/Geschlechterrollen, soziales Geschlecht, Emanzipation, Frauenrechte, Selbstbestimmung, Freiheit, Familie, soziale Normen, Tradition
15.05.2025
Inhalt

Die sechs Menschen in diesem Film sind Burrneshas. So werden in Albanien Frauen genannt, die in die soziale Rolle von Männern schlüpfen, um unabhängig zu sein. Der Auslöser für diese Entscheidung ist dabei meist nicht die Tatsache, dass sie sich im falschen Körper fühlen, sondern die patriarchal geprägte Gesellschaft Albaniens, die Frauen in ihrer persönlichen Freiheit einschränkt. Als Burrneshas, „Schwurjungfrauen“, konnten Frauen schon vor Jahrzehnten unverheiratet bleiben. Für viele war und ist das auch ein Weg, sich vor Übergriffen und Zwangsehen zu schützen. Einige der im Film portraitierten Frauen haben als Burrneshas die Rolle gefunden, die sie mit großer Freude ausfüllen. Dafür müssen sie auf eine offen gelebte Sexualität, auf Kinder und eine eigene Familie verzichten. Zudem braucht es Kraft, dauerhaft maskuline Stereotype nachzuahmen und eine eigene Identität jenseits der Klischees zu entwickeln. Für die jungen Frauen Albaniens sind Burrneshas Vorbilder und Mahnung zugleich. Denn auch wenn es ein paar mutigen Frauen gelungen ist, sich als Burrneshas hinter die Linien des Patriarchats zu schmuggeln, ist der Weg zur Gleichberechtigung noch weit.
Umsetzung

Die Burrneshas reagieren ganz unterschiedlich auf die Begleitung durch das Filmteam. Einige waren sich über die eigenen Widersprüche im Klaren, anderen scheint erst im Gespräch bewusst zu werden, welche unumkehrbaren Folgen ihr Schwur – vor allem im Alter – haben wird. In den Interviews gehen die Regisseurinnen behutsam vor, sie sind nicht auf der Jagd nach kontroversen Aussagen, sondern wollen zeigen und spürbar machen, wie komplex die Folgen dieser Tradition sind – für die Burrneshas und die albanische Gesellschaft. Dabei folgt der Film weniger einer thematischen Agenda als den Aussagen und Gefühlen der Hauptpersonen. So werden bestimmte Themen (z. B. die Entwicklung der sexuellen Identität) nur gestreift, weil das Sprechen darüber tabuisiert ist. Vergleichsweise großen Raum nimmt die kritische Betrachtung von Geschlechterstereoptypen ein, die durch Fokussierung und Wiederholung bestimmter Rituale, den Einsatz extremer Slow-Motion-Aufnahmen und stark akzentuierender Musik auch filmisch herausgestellt werden.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit

WO/MEN ermöglicht einen interessanten Einstieg in die Diskussion über Gender bzw. soziales Geschlecht, weil die Geschichten der Burrneshas das Thema aus einer eher ungewöhnlichen Perspektive beleuchten. Wer Zeit für eine Recherche hat, kann untersuchen, warum sich in der albanischen Gesellschaft die Tradition der „Schwurjungfrauen“ entwickelt hat und ob es ähnliche Prozesse auch anderswo gibt. Schließlich kann die Frage diskutiert werden, ob die Entwicklung dieser Tradition, also das Kopieren maskuliner Codes und Strukturen durch einzelne Frauen, die gesellschaftliche Emanzipation der Frauen eher behindert oder befördert. Die filmische Akzentuierung von Geschlechterklischees kann durch die Arbeit mit gezielt formulierten Beobachtungsaufträgen untersucht werden. Besonders in den Blick genommen werden sollte dabei die jeweils spezifische Inszenierung der einzelnen Protagonist*innen und der filmische Umgang mit Ritualen. Wenn der Film zu einer vertiefenden, zweiten Sichtung vorliegt, können am Beispiel der Einstiegssequenz Einsatz und Wirkung von Zeitlupe und Musik untersucht werden.
Veranstaltungen

Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Downloads
FilmTipp_Wo_Men.pdfKristine Nrecaj, Birthe Templin
Kristine Nrecaj, Birthe Templin
Mitwirkende Marta Vorfi, Sanie Vatoci, Bedrie Brahim Gosturani, Diana Rakipi, Valerjana Grishaj, Gjystina Grishaj u. a.
84 Min
Albanisch, Mazedonisch mit deutschen Untertiteln
digital, Farbe
liegt noch nicht vor
missingFILMs
(Auswahl 2024) Thessaloniki international Documentary Festival, DOK Leipzig u. v. a. m