Inhalt
Lohan und Samar sind Trans-Frauen. In Deutschland sehen die gemeinsam mit ihrer Familie aus Syrien geflüchteten Teenager die Möglichkeit, ihre wahre, weibliche Identität zu leben. Doch auch in einem scheinbar liberalen, europäischen Land gibt es zahlreiche Hürden, die das erschweren. So müssen die Schwestern auch in der multikulturellen deutschen Gesellschaft von vielen Seiten Respektlosigkeiten, Ablehnung und Beleidigungen ertragen. Die eigene Familie, mit der die jungen Erwachsenen sehr verbunden sind, trägt zudem ihre von der muslimischen Kultur geprägten Vorstellungen von traditionellen, binären Geschlechterrollen weiter. Natürlich wünschen sich Lohan und Samar von ihrer Umgebung akzeptiert zu werden, weshalb es nicht verwundert, dass sie geschlechtsangleichende Operationen in vollem Umfang anstreben, um immer als Frauen verstanden zu werden. Doch gibt es da noch das deutsche Gesundheitssystem, das die Operationen immer wieder schmerzlich lange aufschiebt.
Umsetzung
Mit intimen Interviews und fein montierten Beobachtungen gelingt dem Team um Laurentia Genske und Robin Humboldt ein komplexes Porträt der beiden extrovertierten Protagonistinnen und ihrer Familie. Die Träume, Hoffnungen und Wünsche von Lohan und Samar werden ebenso klar wie die Ängste und Haltungen der überforderten Eltern. Mutter Zuhur und Vater Talib sorgen sich um das Glück und Seelenheil ihrer Kinder – aber auch um die Reaktionen der Nachbar*innen. Auf formaler Ebene zurückhaltend und naturalistisch, verzichtet der Film auf Off-Kommentare und lässt die intensive Thematik für sich sprechen. Dass die Schwestern über einen längeren und entscheidenden Zeitraum ihres Erwachsenwerdens begleitet werden, verstärkt die Eindrücke ihrer Transition in diesem ohnehin wandlungsreichen Lebens-abschnitt weiter. Zudem erhalten wir informative Einblicke in die in Deutschland gängigen Prozeduren rund um Hormontherapie und geschlechtsangleichende Operationen, bei denen das Filmteam teils vor Ort war.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Immer wieder schneiden die Filmemacher*innen zwischen den Protagonist*innen in Interviews und beobachtenden Szenen hin und her und stellen so ihre Perspektiven gegenüber. Dadurch wirkt der Dokumentarfilm nicht belehrend, sondern öffnet viel Raum zur Diskussion. Im Unterricht kann analysiert werden, wie auch der Dokumentarfilm durch die bewusste Anordnung von Einstellungen, Szenen und Sequenzen eine „Geschichte“ erzählt und die Perspektiven der Personen gegenüberstellt und nachvollziehbar macht. Die Schüler*innen erhalten den Eindruck der komplexen Lebenssituation einer Familie, in der Genderidentität, Religion und Kultur für schwere emotionale Konflikte sorgen. Interessen, Wünsche und Ängste der Familienmitglieder können zusammengetragen und gegenüber-gestellt werden. Gemeinsam kann man der Frage nachgehen, warum sich das Trans-sein von Lohan und Samar etwa in der Musik, die sie hören, mit ihrer Kleidung und ihrem Verhalten in einer Art der queeren Rebellion äußert und wie jedes Familienmitglied darauf reagiert. Die gezeigten Geschlechterrollen und -bilder sollten in einen kulturellen Kontext gesetzt werden, sodass klar wird, warum für die Protagonistinnen die Operationen so wichtig sind.
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit
einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind
wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Autor*in: Timo Klabunde
,
28.10.2021
,
letzte Aktualisierung:
20.12.2023
Regie
Laurentia Genske, Robin Humboldt
Buch
Laurentia Genske, Robin Humboldt
Darsteller*innen
Mitwirkende: Lohan, Samar, Zuhur u. a.
Länge
93 Min
Sprachfassung
mehrsprachige Originalfassung mit deutschen und mit englischen Untertiteln
Format
digital, Farbe
FSK
ab 12 Jahre
Verleih
Camino Filmverleih
Festivals
DOK.fest München 2021: Gewinner DOK.deutsch; Hot Docs Canadian International Documentary Festival 2021