Dem Horizont so nah
Kann ich auf Dauer an einer Liebe zu einem HIV-kranken Partner festhalten? Mit dieser Frage setzt sich das Melodram “Dem Horizont so nah” von Tim Trachte intensiv auseinander. Die Adaption des Debütromans von Jessica Koch ist mit einem starken Hauptdarstellerduo und viel Mut zu großen Gefühlen inszeniert, ohne in Sentimentalitäten abzudriften. Hochdramatische Szenen beleuchten neben der HIV-Problematik auch die langfristigen schweren Folgen von Kindesmissbrauch.
Literaturverfilmung, Drama, Melodram
ab 9. Klasse
ab 14 Jahre
Deutsch, Sozialkunde, Ethik, Philosophie, Biologie
Liebe, Freundschaft, HIV/Aids, Krankheit, Tod, sexuelle Gewalt (Kindesmissbrauch), Solidarität, Familie, Mut
10.10.2019
Inhalt
Die lebenslustige Jessica arbeitet im Cateringbetrieb ihrer Eltern und feiert ihren 18. Geburtstag mit Freundinnen auf dem Rummelplatz. Dort lernt sie den attraktiven Kickboxer Danny kennen, der als Fotomodel viel Geld verdient und ein Faible für Poesie hat. Jessica ist beeindruckt, als der 20-Jährige sie mit einem Oldtimer samt Chauffeur zum Dinner ausführt. Von seiner depressiven Mitbewohnerin Tina erfährt sie jedoch, dass Danny eine traurige Vergangenheit hat. Nach anfänglichem Zögern offenbart Danny Jessica, dass sein Vater ihn als Kind geschlagen, missbraucht und mit dem HIV-Virus angesteckt hat. Trotz der unheilbaren Infektion hält Jessica zu Danny und zieht bei ihm ein, obwohl ihre Eltern und Freunde ihr davon abraten. Auch Danny warnt sie, sich an ihn zu binden, denn er weiß, dass er nicht mehr lange leben wird. Als erste Aids-Symptome auftauchen, fliegt Jessica mit ihm in die USA.
Umsetzung
Das Filmmelodram beruht auf dem autobiographisch geprägten Erstlingsroman von Jessica Koch, der im März 2016 im Eigenverlag und kurz darauf im Rowohlt Taschenbuch Verlag erschien und wochenlang an der Spitze diverser Bestsellerlisten stand. Die Drehbuchautorin Ariane Schröder hat die umfangreiche Vorlage geschickt auf ein Skript für fast zwei Filmstunden komprimiert, wobei das Thema Kindesmissbrauch über die Nebenfigur der traumatisierten Tina vertieft wird. Mit viel Mut zu großen Emotionen setzt Regisseur Tim Trachte die tragische Love Story ins Szene, vermeidet aber allzu sentimentale Töne. Die ausdrucksstarken Nachwuchsstars Luna Wedler und Jannik Schümann funktionieren als Identifikationsfiguren für junge Zuschauer sehr gut, zumal zuweilen Groß- und Nahaufnahmen die Gefühle akzentuieren, die sich in Mimik und Gestik spiegeln.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Der Film spricht gängige Vorurteile und Ressentiments gegenüber HIV-positiven bzw. Aidskranken an und zeigt am Beispiel von Jessica einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Thema. Sie lässt sich fachkundig beraten, wie man mit einem HIV-positiven Menschen Sexualität leben kann. Hier bietet sich im Unterricht eine Diskussion über praktische Erfahrungswerte bei der Aids-Vorbeugung an. Auf Danys vernarbtem Rücken sind die Spuren der Kindesmisshandlung noch heute zu sehen und Tina leidet weiter unter Schlafstörungen. Die langfristigen Folgen ihres Missbrauchs liefern Ansatzpunkte für eine Debatte zur der Frage, wie sich erste Anzeichen von Misshandlungen erkennen lassen. Und wo gibt es Anlaufstellen für professionelle Hilfe? Die Radikalität von Jessicas Verständnis von Liebe kann im Ethik-Unterricht als Denkanstoß dienen: Wann stoßen Hingabe, Barmherzigkeit und Selbstaufopferung an ihre Grenzen?
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Downloads
FilmTipp_Dem_Horizont_so_nah.pdfTim Trachte
Ariane Schröder nach dem gleichnamigen Roman von Jessica Koch
Luna Wedler, Jannik Schümann, Luise Befort, Frederick Lau, Denis Moschitto, Victoria Mayer, Stephan Kampwirth u. a.
117 Min
deutsche Originalfassung, barrierefreie Fassungen verfügbar
digital, Farbe, Cinemascope
ab 12 Jahre
StudioCanal
