Der Fleck
Ein ewig langer Sommertag am Fluss zieht sich dahin. Simon (17) hat keine Lust auf Baden und Gelaber, separiert sich von der Clique, bis ihn Marie aus seiner Lethargie reißt. Zwischen Uferböschung und Autobahn tasten sie einander ab, finden zusammen oder auch nicht. In tagtraumartigen, manchmal experimentellen Bildern macht Regisseur Willy Hans die Natur zum heimlichen Protagonisten und beschreibt damit das Lebensgefühl der Teenagerzeit.
Coming-of-Age
ab 11. Klasse
ab 16 Jahre
Deutsch, Kunst, Musik, Psychologie, Philosophie
Erwachsenwerden, Liebe, Sexualität, Filmsprache
10.07.2025
Inhalt
Vielleicht war es der monotone Gleichschritt der Mitschüler*innen, wie sie dem Sportlehrer nach der Pfeife tanzten – Simon, ein etwas wunderlicher Teenager, haut jedenfalls ab. Ein Freund sieht ihn beim ziellosen Streunen durch ihre Reihenhaussiedlung, überredet ihn zum Baden am Flussufer mit anderen Freund*innen. Simon scheint die Clique kaum zu kennen, ihre Gespräche interessieren ihn nicht, sein T-Shirt behält er an. Bald ist ein Blutfleck darauf, ein Ball hat ihn am Kopf erwischt. Das ist ebenso peinlich wie verletzend, aber die neu hinzu gekommene Marie scheint ihn zu mögen. Vielleicht mag er auch ihre blauen Haare und die punkigen Klamotten, sie sind beide ein wenig anders. Auf der Suche nach Essen streifen sie durch die Natur, ergeben sich zeitweise ihrer Magie, und landen doch nur wieder unter der nächsten Autobahnbrücke.
Umsetzung
In einer bewusst offenen Erzählung behalten die Hauptfiguren ihre Gefühle für sich. Simon und Marie reden nicht viel, auch das ein Mittel der Abgrenzungen vom ziellosen Redefluss der anderen. Umso mehr verrät die präzise Arbeit der Kamera, die emotionale Veränderungen visuell vermittelt, manchmal auch vorwegnimmt. Versinnbildlichen starre Einstellungen anfangs die trostlose Betonwelt von Schule und Siedlung, in der Simon sich bewegt, verselbständigt sich die Kamera beim Herumirren durch alpine Waldlandschaften – gedreht wurde auf analogem 16mm-Material in der Schweiz – und löst sich dabei auch von den Protagonist*innen. Die von Moos und Algen überwucherte Natur entwickelt so ein unheimliches, aber auch verführerisches Eigenleben. Auf der ansonsten vom ewigen Rauschen von Fluss und Wald bestimmten Tonspur verstärken Barockgesänge und ätherische Ambient-Klänge des House-Produzenten Isolée die psychedelische Anmutung eines Tagtraums.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
DER FLECK verbindet bekannte Motive des Coming-of-Age-Films mit einer zusehends experimentellen Bildsprache. Lässt die karge Handlung wenig Interpretationsspielraum, lädt diese außergewöhnliche Gestaltung ein zum filmischen Sehen. Was verraten Kameraeinstellungen, Perspektivwechsel und scheinbar willkürlich eingestreute Unschärfen auf Gesichter über seelische Wahrnehmungen? Was sucht die Kamera beim autonomen Streifen über Flusskiesel ins Unterholz, das mit unverhofften Naheinstellungen auf glitschigen Morast und höhlenartige Gesteinsformationen die Sinne herausfordert? Dieses Abtauchen in ein unheimliches Zwischenreich wildlebendiger Natur lässt sich in Bezug auf die Protagonist*innen deuten, die in ihrem Alter neue Bereiche des Lebens erforschen. In einer praktischen Aufgabe können die Schüler*innen versuchen, diese intensive Form filmischer Betrachtung auf Motive in ihrer Umgebung anzuwenden. Das Theseus-Paradoxon kann im Unterricht aufgegriffen werden, auch in Bezug auf das Erwachsenwerden.
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Downloads
FilmTipp_Der_Fleck.pdfWilly Hans
Willy Hans
Leo Konrad Kuhn, Alva Schäfer, Shadi Eck, Felix Maria Zeppenfeld, Darja Mahotkin, Marlene Becker u. a.
94 Min
deutsche Originalfassung
digital, Farbe
ab 12 Jahre
Grandfilm
Locarno Film Festival 2024: Besondere Erwähnung; Ostrava Kamera 2024: Hauptpreis für die beste Kamera u.v.a.m.
