The Earth Is Blue As an Orange
Eine Dokumentarfilmerin begleitet eine Familie im ostukrainischen Kriegsgebiet, die wiederum einen Film über sich selbst dreht. Das Werk von Iryna Tsilyk, 2020 erschienen, erinnert daran, dass der Krieg für die Menschen im Donbass schon seit 2014 Realität ist. Es erzählt vom entrückten Alltag der Kinder, von Traumata, ganz normalen Jugendträumen und der verbindenden Kraft des Filmemachens.
Dokumentarfilm
ab 10. Klasse
ab 15 Jahre
Deutsch, Kunst, Ethik, Sozialkunde, Geschichte, Darstellendes Spiel
Krieg, Familie, Kindheit, Film, Ukraine
Inhalt
Globale Aufmerksamkeit hat der russische Angriff auf die Ukraine erst im Februar 2022 bekommen, doch für Ganna und ihre vier Kinder aus der Nähe von Donezk ist der Krieg seit 2014 Realität. „Wenn sie zu schießen beginnen, weckt Mama uns auf, und wir gehen in den Flur“, beschreibt Vlad, das jüngste Kind, die nächtliche Routine. „Und wenn sie aufhören, gehen wir zurück ins Bett.“ Die Familie ist in Krasnohoriwka im Donbass geblieben, an der Frontlinie zwischen der ukrainischen Armee und den von Russland unterstützten separatistischen Milizen. In der Kleinstadt lebten zuvor gut 16.000 Menschen, jetzt ist sie wie leergefegt, viele Häuser sind zerstört. Auch Gannas Tochter Myroslava verlässt den Ort zeitweise, um nach der Schule ein Filmstudium in Kyjiw anzufangen. Doch für ihr erstes Projekt kehrt sie zurück und bindet ihre Angehörigen ein – vor und hinter der Kamera. Der gemeinsame Film hilft auch bei der Aufarbeitung ihrer teils traumatischen Erfahrungen.
Umsetzung
Die Dokumentarfilmerin Iryna Tsilyk begleitet in „The Earth Is Blue as an Orange“ den häuslichen Alltag im ostukrainischen Kriegsgebiet, den Trip von Mutter und Tochter nach Kiew und den Filmdreh der Familie. Im beobachtenden Stil bleibt die Kamera nah an den Mitwirkenden, lässt die intimen Bilder für sich sprechen, verzichtet auf Interpretationen durch Voice-Over oder Filmmusik. Kriegsakteure zeigt der Film nur, wenn die Familie mit ukrainischen Soldaten ins Gespräch kommt – um sie vor ihrem Panzer zu filmen. Dieser Film-im-Film nimmt einen großen Raum ein: aufgrund des Traumberufs (Kamerafrau) von Myroslava, in Streitgesprächen über die beste Inszenierung und schließlich bei der Vorführung des Werks in einem Gemeindezentrum von Krasnohoriwka. Wenn Tsilyk bei den Interviews, die Myroslava für ihr Hochschulprojekt dreht, die Aufnahmen der Familie zwischen ihre eigenen Bilder montiert, zeigt sich der Mise-en-Abyme-Effekt besonders deutlich.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
„The Earth Is Blue as an Orange“ vermittelt gerade für Jugendliche ein eindrückliches Bild vom Leben im Donbass nach 2014, weil der Film die Unterschiede zwischen Krieg und Frieden im Alltäglichen zeigt: Kinderspiele, Schulabschluss oder Weihnachten mit der Familie. Nach der Eskalation des Krieges ist die Region weiterhin Zentrum der Gefechte und für Zivilisten noch gefährlicher geworden; auch Ganna und ihre Kinder sind mittlerweile geflüchtet (Stand: Juli 2022). Der thematische Fokus auf dem Filmemachen bietet zahlreiche Ansätze, sich im Unterricht mit der dokumentarischen Form auseinanderzusetzen: Was zeigt der Film vom Krieg, welche Stilmittel setzt er ein (und welche nicht)? In welcher Rolle zeichnet Iryna Tsilyk ihre Protagonist*innen? Was für einen Film drehen diese und welche Funktionen erfüllt das Filmprojekt für sie? Neben der Analyse kann der Film nicht zuletzt auch als Inspiration für filmpraktische Übungen mit der Schulklasse dienen.
Veranstaltungen
Wenn Sie Interesse an einer Schulkinoveranstaltung haben, setzen Sie sich bitte mit einem Kino in Ihrer Umgebung in Verbindung. Dort wird man Sie gern beraten. Gern sind wir Ihnen auch bei der Kontaktaufnahme behilflich.
Weiterführende Links
Filmbesprechung THE EARTH IS AS BLUE AS AN ORANGE bei der BpbIryna Tsilyk
Iryna Tsilyk
Mitwirkende: Myroslava Trofymchuk, Ganna Gladka, Stanislav Gladky, Anastasiia Trofymchuk, Vladyslav Trofymchuk u.a.
74 Min
Ukrainisch/Russisch mit englischen und deutschen Untertiteln
digital, Farbe
CAT&Docs
Sundance Film Festival 2020: Regie-Preis in der Kategorie World Cinema Documentary; Seattle International Film Festival 2021: Publikumspreis als Bester Dokumentarfilm; Docudays UA – International Human Rights Documentary Film Festival Kiew 2020: Bester Film, Bester Ukrainischer Film; Internationale Filmfestspiele Berlin 2020: Nominierung für den Gläsernen Bären (Generation 14plus)